Dokumentiert: Rede von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel zur Verleihung des Deutschen Filmpreises am 23. April 2010 in Berlin

Sehr geehrte Frau Berben,
Herr Ganz,
sehr geehrter Herr Kulturstaatsminister,
vor allen Dingen Sie, meine lieben und sehr verehrten Damen und Herren,

es ist mir heute eine ganz besondere Freude, Sie alle hier zur 60. Verleihung des Deutschen Filmpreises ganz herzlich begrüßen zu dürfen.

Der Ort ist auch ein ganz spezieller: der Friedrichstadtpalast, auf dessen Bühne schon viel passiert ist. Marlene Dietrich, Hildegard Knef oder Louis Armstrong waren hier. Es ist ein Ort mitten im Herzen Berlins – der Stadt, die nach dem Krieg sehr schnell an ihre große Tradition vor dem Krieg als Film- und Fernsehstadt wieder anknüpfen konnte. Auch deshalb, weil der Kinobesuch für die Menschen hier in Berlin zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen gehörte. Nach dem schrecklichen Zweiten Weltkrieg räumte man am Tag noch die Trümmer der zerstörten Städte zusammen, abends suchte man ein Stück Flucht aus der Schwere des Alltags. Da wurden die leichten Unterhaltungsfilme zu Kassenschlagern.

Aber mit der Zeit wurde dann klar: Nur mit leichter Kost kann Deutschland seinen Ruf als Land großer Filmkunst nicht aufrechterhalten. Deshalb hat man bereits im zweiten Jahr des Bestehens der Bundesrepublik Deutschland eine Idee entwickelt, die sich erwiesenermaßen als eine Erfolgsstory weiterbewegt hat, denn man wollte das Niveau des deutschen Films heben. Das war dann die Geburtsstunde des Deutschen Filmpreises. Ich kann nur sagen: Herzlichen Glückwunsch. Das war eine tolle Idee. Sie hat getragen.

Ich glaube, heute, zum 60. Geburtstag, braucht man die Sorge, dass es nur leichte Kassenschlager gibt, nicht zu haben. Es gibt viele Kassenschlager aus ganz verschiedenen Genres. Der Film in Deutschland ist vielfältig und innovativ. Die Geschichten, die erzählt werden, sind authentisch, humorvoll und tiefsinnig. Damit können wir sagen: Der Film ist so etwas wie ein gutes Stück Deutschland. Er erzählt etwas von unserem Land. Er ist ein Seismograph für all das, was passiert und sich verändert. Wenn man einfach einmal die Filme der letzten 60. Jahre, die hier beim Deutschen Filmpreis ausgezeichnet wurden, an sich vorüberziehen lassen würde, würde man einen wunderbaren Einblick davon bekommen, wie sich Deutschland verändert hat. Es wird ja oft gesagt, wir veränderten uns nicht, aber daran würde man es schon sehen. Man könnte vor allen Dingen einmal schauen, was uns bewegt und was uns amüsiert hat. Es ist so etwas wie ein Tagebuch.

Deshalb sind wir überzeugt, dass wir auch weiterhin eine lebendige deutsche Filmkultur brauchen. Das gilt ganz besonders angesichts unglaublicher technischer Innovationen. Ein großer Teil meines Aufenthalts in Los Angeles hat sich weniger damit befasst, dass ich Akteure gesehen habe, sondern mehr mit der Frage, was wir in Zeiten des Breitbands hinsichtlich der Akzeptanz derjenigen unternehmen, die die künstlerische Arbeit in einen Film stecken. Das wird uns beschäftigen. Ich sage ganz klar: Wir müssen Mittel und Wege finden, dass die Menschen Achtung vor dem geistigen Eigentum haben, das in einem Film steckt. Das muss uns in den nächsten Jahren ganz stark beschäftigen.

Aber wir haben auch eine andere Sache gemacht, nämlich den Filmförderfonds geschaffen, der weltweit Berühmtheit erreicht hat. Das spürt man auch in Los Angeles. Ich möchte Bernd Neumann ganz herzlich dafür danken, dass er das durchgesetzt hat. Barbara Schöneberger hat ja so schön gefragt, ob wir einen Deal machen wollen. – Entschuldigung, es war Iris Berben! Sie hat viel gesagt, aber das noch nicht. – Iris Berben wollte also den Deal machen, dass Bernd Neumann weiterhin für eine ordentliche Ausstattung des Filmförderfonds sorgt und dass Sie, die Sie hier als Filmschaffende versammelt sind, gute Filme machen. Ich finde, wir können uns darauf einlassen. Ich vertraue Ihnen einmal. Wir versuchen das durchzusetzen und schauen einmal, ob Sie auch etwas Ordentliches daraus machen werden.

Der Deutsche Filmpreis – mit fast drei Millionen Euro die höchstdotierte Auszeichnung, die die deutsche Kulturpolitik zu vergeben hat – hat also Tradition. Es ist eben gesagt worden, Bernd Neuman habe das Geld gegeben. Ich würde einfach sagen: Wir danken einmal dem deutschen Steuerzahler und finden, dass wir das ordentlich hingelegt haben!

Vor fünf Jahren hat man noch etwas Innovatives gemacht, nämlich das Auswahlverfahren zum Deutschen Filmpreis auf die Deutsche Filmakademie übertragen. Damals – ich erinnere mich noch – gab es viele Diskussionen darüber, ob das klappen würde, wie viel Streit es geben werde und was für Katastrophen passieren würden. Es waren keine, die mich erreicht haben. Ich würde also sagen: Die Akademie hat sich inzwischen zu einer geachteten, repräsentativen Vertretung deutscher Filmschaffender entwickelt. Ein herzliches Dankeschön dafür, und das ganz speziell an Senta Berger und Günter Rohrbach, die die Anfangsarbeit geleistet haben! Ganz herzlichen Dank für Ihren großen Einsatz! Natürlich gehen auch alle guten Wünsche an Iris Berben und Bruno Ganz, dass sie diese Arbeit in den nächsten Jahren so wunderbar fortsetzen mögen!

Ich konnte mich in Los Angeles – manchmal muss man ja weit reisen, um zu wissen, wie schön es zu Hause ist, wobei ich das jetzt nur auf den Film beziehe – davon überzeugen, dass der deutsche Film wieder einen sehr guten Ruf hat, dass man in Deutschland gerne Filme dreht und dass wir ein richtig gutes Filmland sind.

Herzlichen Glückwunsch all denen, die dazu beigetragen haben, und uns heute einen wunderschönen Abend!

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