Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel anlässlich der Verleihung des Eric M. Warburg Preises der Atlantik-Brücke Washington, DC, Donnerstag

Lieber Herr Enders, lieber Herr Kiep, Frau Lindemann, sehr geehrter Herr Senator, lieber Chuck Hagel, Exzellenzen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Es ist für mich eine sehr große Ehre, heute diese Auszeichnung entgegenzunehmen. Ich bedanke mich bei der Atlantik-Brücke ganz herzlich und werde das als Ansporn begreifen, mich auch weiterhin mit aller Kraft für eine gute Entwicklung der transatlantischen Beziehungen einzusetzen.
Ich freue mich sehr, heute hier zu sein, an diesem bedeutenden Ort, in einer spannenden Zeit. In diesen Tagen hat in Deutschland, in Bremerhaven, eine Veranstaltung stattgefunden, bei der man sich daran erinnert hat, dass vor 400 Jahren die ersten Deutschen nach Amerika ausgewandert sind, über die Jahrhunderte hinweg wohl acht Millionen Deutsche. Wir sind stolz darauf – wenn ich das als deutsche Bundeskanzlerin sagen darf dass heute immerhin rund 17 Prozent der amerikanischen Bevölkerung deutsche Wurzeln haben. Dass mein Laudator zu dieser Gruppe gehört, ist natürlich eine besondere Freude.
Ich erinnere mich natürlich auch gerne daran, dass ich hier vor gut zwei Jahren die Waldseemüller-Karte und damit auch ein symbolträchtiges Produkt deutsch-amerikanischer Verbindungen übergeben durfte. Wir sind sehr stolz darauf, dass es ein Deutscher war, der zum ersten Mal auf einer Landkarte den Namen Amerikas verewigt hat.
Wenn ich hier bei Ihnen bin und diese Auszeichnung entgegennehme, dann ist das natürlich eine große persönliche Freude, vor allem auch angesichts der Tatsache, dass die
Bundesrepublik Deutschland am 23. Mai dieses Jahres 60 Jahre alt geworden ist; unser Grundgesetz hatte Geburtstag. Der Parlamentarische Rat hat, begleitet von den Alliierten, 1949
Deutschland die Chance gegeben, wieder in den Kreis der
Völkerfamilie aufgenommen zu werden und sich zu einem Partner zu entwickeln.
Wenn wir jetzt im Mai über 60 Jahre Bundesrepublik gesprochen haben, dann mussten wir natürlich sehen, dass sie für einen Teil Deutschlands eine 60-jährige Erfolgsgeschichte waren, aber für einen anderen Teil des heute wiedervereinigten Deutschlands nicht. Auch ich habe 35 Jahre in diesem anderen Teil verbracht. Meine Lebensplanung sah so aus, dass ich an dem Tag, an dem ich
Rentnerin sein würde – Frauen wurden das in der DDR mit
60 Jahren -, in die Bundesrepublik reisen würde, dort meinen DDRAusweis gegen einen ordentlichen deutschen Pass eintauschen und mich dann sofort auf eine Reise nach Amerika aufmachen würde. Nun hat es das Schicksal gut mit mir und meiner Generation gemeint. Wir sind schon schneller zu diesem Privileg gekommen. Es ist deshalb immer wieder eine Freude, in Washington und an anderen Orten in den Vereinigten Staaten zu sein.
Am 9, November dieses Jahres werden wir den 20. Jahrestag des
Berliner Mauerfalls feiern. Dann wird, was auch vielen in
Deutschland gar nicht so bewusst ist, im Grunde deutlich, dass wir nun schon fast ein Drittel der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland als wiedervereinigtes Deutschland miteinander verbringen.
Es stellt sich natürlich die Frage: Wie entwickeln sich die Partnerschaften, die uns, die Bundesrepublik Deutschland, stark gemacht haben, die aber, wie ich glaube, auch für unsere Partner wichtig sind? Wie entwickeln sich also die transatlantischen Beziehungen in Zukunft weiter?
Ich möchte mich natürlich ganz herzlich bei Chuck Hagel bedanken, der sozusagen die personifizierte Partnerschaft ist. Das kostbarste Gut im 21. Jahrhundert – im 20. Jahrhundert fing das schon an – ist Zeit. Wer nimmt sich heute Zeit, solche Partnerschaften zu pflegen? Wer macht sich auf den Weg, immer wieder Länder zu besuchen, die doch eine erhebliche Distanz zum eigenen politischen
Tätigkeitsbereich haben? Wer ist neugierig, wer sucht danach, mit wem man sprechen kann und woher man die neuesten
Informationen bekommen kann? Sie, lieber Chuck Hagel, haben auch mit der Zahl unserer Begegnungen deutlich gemacht, dass Sie sich schon immer für Deutschland interessiert haben. Sie konnten früher ja nicht wissen, dass ich Bundeskanzlerin werde, aber Sie haben auch bereits mit der Generalsekretärin der CDU gesprochen. Das zeigt wirkliches Interesse an der Sache. Dafür ein herzliches
Dankeschön! Ich wünsche Ihnen auch an der Spitze des Atlantic Council der Vereinigten Staaten und bei vielen anderen Aufgaben alles Gute!
Ich weiß, dass der Austausch zwischen den Vereinigten Staaten, Europa und insbesondere Deutschland im 21. Jahrhundert neu erarbeitet werden muss. Die Welt hat sich verändert und sie verändert sich weiter. Wir müssen deshalb unsere Partnerschaft immer wieder erneuern. Sie haben darauf hingewiesen: In der kurzen Amtszeit des neuen amerikanischen Präsidenten Barack Obama hatten wir schon vielfältige Möglichkeiten, uns auszutauschen. Morgen wird das wieder so sein. Wir haben 60 Jahre NATO gefeiert, wir hatten ein EU-USA-Treffen und wir haben im
Rahmen der G20 zusammengearbeitet. Wir werden uns in wenigen
Wochen beim G8-GipfeI in Italien wiedersehen und werden beim
Treffen der Major Economies den Klimawandel diskutieren. Im Herbst wird es dann weitere Treffen geben, unter anderem ein G20Treffen in Pittsburgh.
Ich glaube, das Jahr 2009 ist ein sehr entscheidendes Jahr für die Frage, wie die Welt in Zukunft zusammenleben wird. Die
Herausforderungen sind zahlreich. Chuck Hagel hat es eben gesagt und ich will es gerne wiederholen: Kein Land mehr kann eine der großen Herausforderungen allein lösen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir Partnerschaften pflegen. Und deshalb ist es auch wichtig, dass wir uns vergewissern, was eigentlich das Besondere an der transatlantischen Partnerschaft ist.
Das Besondere an dieser transatlantischen Partnerschaft ist für mich, dass wir das gleiche Fundament an Werten teilen, dass wir nicht lange darüber reden müssen, was wir unter Menschenrechten und unter der Achtung der Würde der Person verstehen, sondern wissen, dass das unser gemeinsamer Grund ist, dass wir – das galt für alle Partnerschaften zwischen deutschen Bundeskanzlern und amerikanischen Präsidenten bis tief in die Reihen auch der Abgeordneten und der lokalen Politiker der Staaten und Länder hinein – dieses gemeinsame Fundament erhalten. Die Würde jedes einzelnen Menschen ist unser Maßstab.
Wir wissen allerdings, dass dieses Wertefundament allein noch nicht ausreicht, um daraus auch praktische Erfolge und praktische Zusammenarbeit zu formen. Es zeigt sich, dass wir im
21. Jahrhundert als Europäer enger zusammengewachsen sind im Vergleich zu den Anfangszeiten der Bundesrepublik Deutschland. Wir gelten manchmal als kompliziert. Es ist immer noch interessant, sich mit den Nuancen der Politik der einzelnen europäischen Staats- und Regierungschefs zu befassen, wenn sie über das gleiche Thema sprechen. Aber ich darf Ihnen trotzdem mitteilen, dass wir verstanden haben, dass es die Europäer in einer Welt von 6,5 Milliarden Menschen lernen müssen, in den entscheidenden Fragen mit einer Stimme zu sprechen. Dann können wir mit immerhin 500 Millionen Menschen und unserem ökonomischen Gewicht einiges auf die Waagschale bringen. Dann sind wir gute und verlässliche Partner für die Vereinigten Staaten von Amerika. In einer transatlantischen Partnerschaft können wir dann viele auf der Welt voneinander und miteinander begeistern.
Uns stellt sich die Aufgabe der Vertiefung der Europäischen Union.
Wir arbeiten jetzt schon ziemlich viele Jahre an einem neuen Vertrag, der akzeptabel ist und uns mit 27 Mitgliedstaaten besser arbeitsfähig macht. Es besteht eine gute Chance, dass die vielfältig geäußerte Frage „Wen rufe ich an, wenn ich etwas über europäische Außenpolitik wissen will?“ in Zukunft vielleicht doch etwas besser beantwortet wird. Es wird einen Präsidenten des Rates der Europäischen Union, also der Staats- und Regierungschefs, geben, der kontinuierlich zur Verfügung steht, sodass nicht immer wechselnde Präsidentschaften die alleinigen Ansprechpartner sind. Das heißt nicht etwa, dass ich dafür werben würde, dass Sie nicht mehr nach Deutschland kommen und nur noch nach Brüssel reisen sollen. Aber wenn Sie es mit der Europäischen Union zu tun haben, haben Sie die Chance, dass manches überschaubarer wird.
Wir müssen das tun, weil wir gemeinsam Verantwortung übernehmen wollen, auch mit Blick auf die aufstrebenden Mächte, die wir heute haben – China, Indien, Brasilien und andere. Die Gruppe der G8-Staaten allein wird die allermeisten Probleme der Welt nicht mehr lösen können. Deshalb wird es in den nächsten ein bis zwei Jahren einen sehr interessanten Prozess geben. Wie sieht eigentlich eine transformierte, veränderte Gruppe aus und welche Rolle spielen darin diejenigen, die die transatlantische Partnerschaft verkörpern? Ich glaube, dass wir mit dem G20-Format ein sehr interessantes Format haben, in dem G8 und G5 – also auch die Schwellenländer – in Zukunft aufgehen können. Ich glaube aber auch, dass die Vereinigten Staaten von Amerika und Europa hierbei die Treiber sein sollten und andere davon überzeugen sollten.
Wir haben mit der neuen amerikanischen Administration natürlich die Chance, bei vielen Konflikten, mit denen sich auch vergangene Administrationen beschäftigt haben – ich habe mit George Bush oft darüber gesprochen -, jetzt vielleicht auch wieder neue Impulse zu setzen. Ich habe mit Interesse und auch mit großer Freude beobachtet, wie Präsident Barack Obama in verschiedenen
Bereichen Türen aufstößt – ob es sich um den Nahost-Konflikt, um die Iranpolitik oder um Afghanistan handelt; ich kann hierzu viele, viele Beispiele nennen und das zum Thema Klima und zu den Wirtschaftsfragen weiterführen -, um somit neue Möglichkeiten nutzen und zu neuen Problemlösungen gelangen zu können.
Ich sage zu, dass wir als Europäer und ich als deutsche
Bundeskanzlerin ein elementares Interesse daran haben, dass diese Politik erfolgreich ist und dass wir Fortschritte machen. Denn es geht auch darum, ob unsere Werteüberzeugung in dieser Welt des
21. Jahrhunderts bei mehr Menschen auf der Welt weiterhin Gültigkeit hat oder ob andere Arten zu regieren, die nicht immer unserer Vorstellung von der Achtung der Würde des Menschen entsprechen, vielleicht erfolgreicher sind. Letzteres möchte ich nicht und darf auch niemals die Idee transatlantischer Partnerschaft sein. Wir sind stolz auf die Art, wie wir leben. Wir wollen sie anderen nicht aufoktroyieren, aber sie überzeugend zeigen.
Meine Damen und Herren, ich möchte heute in drei Punkten etwas konkreter werden: In der Sicherheitspolitik, der internationalen Finanzpolitik und der Umwelt- und Klimapolitik.
Bei der Sicherheitspolitik geht es darum, die atlantischen und europäischen Strukturen zu verzahnen. Die Europäische Sicherheitsund Verteidigungspolitik muss sich einfügen in die Politik der NATO und die NATO-Aktionen müssen kompatibel mit dem sein, was Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik tut. Das ist in den letzten Jahren an vielen Stellen besser gelungen, aber wir haben hier noch einige Klüfte zu überwinden und Brücken zu bauen. Wenn ich allein daran denke, wie lokale Konflikte zum Beispiel zwischen der Türkei und Zypern dazu führen, dass es eben keine reibungslose Zusammenarbeit zwischen NATO und Europäischer Sicherheits- und
Verteidigungspolitik gibt, dann schließe ich daraus, dass wir die Aufgabe haben, genau daran zu arbeiten, denn ansonsten behindert uns das in jeder Mission.
Dass wir vor riesigen Herausforderungen stehen, stelle ich fest, wenn ich vor allen Dingen an das Atomprogramm von Nordkorea und an das des Iran denke, an den Nahen Osten, an Afghanistan und an Pakistan, an die Bekämpfung der Piraterie am Horn von Afrika, an zerfallende Staaten wie Somalia, an die Menschen in Darfur oder an scheinbar unbelehrbare Diktaturen wie in Myanmar. Die Welt ist voller Probleme und es ist notwendig, sie anzupacken.
Wenn wir uns an die aktuelle Lage im Iran erinnern, dann, so glaube ich, geht es uns allen so – ob in den Vereinigten Staaten von Amerika, in Europa oder in Deutschland – dass wir erschüttert darüber sind, wie mit friedlichen Demonstranten umgegangen wird. Es ist für uns ganz klar, dass wir friedliche Demonstrationen verteidigen, dass wir Pressefreiheit wollen und dass es notwendig ist, den Willen der Menschen dort zu respektieren und eine Nachprüfbarkeit der Wahlergebnisse zu ermöglichen. Denn genau dies ist wieder die Kernfrage an unsere Werte. Menschen- und Bürgerrechte sind nicht teilbar, sie gelten überall. Es heißt nicht „Die Würde bestimmter Menschen ist unantastbar“, sondern „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Deshalb stehen wir an der Seite derer, die für ihre Rechte kämpfen.
Wir müssen gemeinsam alles daransetzen, dass der Iran nicht in den
Besitz einer Atomwaffe kommt. Ich begrüße es, dass es die Bereitschaft gibt, Direktgespräche mit dem Iran zu führen. Wir werden an der Seite der Vereinigten Staaten von Amerika stehen, um entweder den Erfolg dieser Gespräche zu ermöglichen oder aber auch durch Sanktionen klarzumachen, dass wir es ernst meinen mit der Erreichung unseres Ziels. Denn wir wissen, welche Drohungen der iranische Präsident ausgestoßen hat. Für die Bundesrepublik Deutschland ist das Existenzrecht Israels Teil unserer Staatsräson.
Meine Damen und Herren, wir alle sind elementar daran interessiert, dass der Friedensprozess zwischen Israel und Palästina vorankommt. Wir haben viele Rückschläge, viele Enttäuschungen gesehen. Wir haben in den vergangenen Jahren viele Bemühungen gehabt – ob von Präsident Clinton oder von Präsident Bush. Wir sind nicht so vorangekommen, wie wir es uns wünschen würden. Deshalb ist es wichtig, dass wir weiter und entschlossen unser Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung verfolgen – eines jüdischen Staates Israel und eines palästinensischen Staates – und dass wir gemeinsam alles daransetzen, dass dies erfolgreich sein wird.
Wenn man sich anschaut, wie lange bestimmte Dinge schon versucht werden, kann man auch ungeduldig werden oder sich fragen: Haben wir überhaupt einmal Erfolg? Aber da will ich hier noch einmal sagen: Wir wissen, wie lange wir warten mussten, bis der Kalte Krieg zu Ende ging. Viele, viele Jahre hat ein Radiosender in Deutschland immer wieder verkündet, dass quasi in Kürze die DDR untergeht. Als dann die meisten schon aufgehört haben, zu glauben, dass das geschehen könnte, ist es dann aber passiert. Deshalb wäre es ganz falsch, sich von seinen Zielen abbringen zu lassen, selbst wenn das Erreichen dieser Ziele sehr, sehr lange dauert.
Auch in Afghanistan stehen wir vor gemeinsamen
Herausforderungen. Wir haben über die Jahre hinweg – hier haben wir jetzt mit der neuen Administration noch einmal einen wichtigen Schritt getan – erkannt und uns auch gemeinsam darauf geeinigt, dass wir einen umfassenden Sicherheitsbegriff brauchen, demnach sich ziviles Engagement und militärisches Engagement ergänzen. Ich sage für die Bundesrepublik Deutschland aber auch, dass es ohne die militärische Komponente nicht gehen wird. Deutschland ist bereit, hier seinen Beitrag zu leisten, den es ja auch leistet.
Ein großer Sorgenpunkt für uns alle, mit dem wir uns noch ausführlich beschäftigen müssen, ist die Stabilität Pakistans. Die Europäische Union hat kürzlich einen EU-Pakistan-Dialog eingeleitet. Aber in den Gesprächen mit den pakistanischen Vertretern blieb eine
Vielzahl von Fragen offen, in denen es darum geht, wie wir die Stabilität dieses Landes garantieren können. Deshalb sind wir auch hier dazu bereit, gemeinsam mit unseren Partnern in Amerika die richtigen Lösungen zu suchen.
Ich möchte hier jetzt nicht alle Konflikte ansprechen. Ich will nur deutlich machen, dass die Gemeinsamkeit in der Sicherheits- und Außenpolitik über viele Jahrzehnte hinweg die tragende Säule unserer Kooperation war und auch bleiben wird.
Ich will an dieser Stelle auch sagen, dass Abrüstungsfragen gerade mit Blick auf Russland in den nächsten Monaten an Bedeutung gewinnen werden. Russland kann ein Partner sein – aus europäischer Sicht haben wir sogar ein Interesse daran, dass Russland ein Partner ist -, aber wir haben auch die Erwartung, dass sich Russland unseren Vorstellungen von Menschenrechten und von Demokratie ein Stück weiter anschließt, als wir das heute an manchen Stellen sehen.
Die Welt ist in diesem Jahr und im vergangenen Jahr in eine außergewöhnliche Situation geraten. Deshalb gibt es einen zweiten Schwerpunkt meiner Ansprache. Das ist die internationale Wirtschafts- und Finanzkrise. Ich sage vorweg: Eine solche Krise darf sich nicht wiederholen. Sie erschüttert eine wirtschaftlich erfolgreiche Entwicklung der Welt – von den wirtschaftlich profundesten Regionen wie den Vereinigten Staaten von Amerika und der Europäischen Union über die Schwellenländer bis zu den ärmsten Ländern zum Beispiel in Afrika. Wenn diese
Weltwirtschaftskrise nicht vernünftig überwunden wird, dann kann sie in der Folge eine Vielzahl von politischen Spannungen und Konflikten hervorrufen, die unsere Arbeit nur komplizierter machen.
Ich glaube, es ist unstrittig, dass diese Krise durch Exzesse auf den Märkten entstanden ist. Es ist deshalb auch unstrittig, dass wir insbesondere auf den Finanzmärkten neue Regeln brauchen. Die Soziale Marktwirtschaft, die Deutschland sehr erfolgreich gemacht hat, ist im Grunde als Erkenntnis aus den Folgen der
Weltwirtschaftskrise Ende der 20er und Anfang der 30er Jahre entwickelt worden. Damals waren sich diejenigen, die das Modell der Sozialen Marktwirtschaft aufgebaut haben, darin einig, dass es
Situationen geben kann, in denen die Selbstheilungskräfte der Märkte nicht mehr ausreichen und der Staat dann die Aufgabe hat, sie wiederherzustellen.
Bei den Banken haben wir jetzt umfassend erlebt, wie das ist, wenn man sie verstaatlichen muss, um sie dann wieder in den Markt zu entlassen. Aber um diese Situation zu verhindern und zu einer Ausnahmesituation zu machen, muss man vor allen Dingen auch sicherstellen, dass Märkte Leitplanken bzw. Regeln haben. Diese Regeln dürfen die Marktkräfte nicht ersticken, aber diese Regeln müssen auch Wettbewerb und Transparenz möglich machen. Von der Antwort auf die Fragen, wie die Krise, die auf den Märkten gerade auch der westlichen Industrienationen entstanden ist, von unseren Ländern behoben oder überwunden wird und welche Konsequenzen aus der Krise gezogen werden, wird es sehr stark abhängen, inwieweit man unsere Art zu leben weltweit achtet oder wie weit man sie hinterfragt.
Ich bin der festen Überzeugung, dass wir ein sehr erfolgreiches
Treffen in London hatten und dass wir jetzt bei der Umsetzung der
Beschlüsse – ob das die amerikanische Finanzmarktaufsicht betrifft oder das, was wir in Europa beschließen – Schritte nach vorne gehen. Ich bin mir noch nicht hundertprozentig sicher, ob schon alle Banken verstanden haben, welche Art von Wirkung sie hervorgerufen haben, und ob nicht der Satz „too big to fail“ manches Finanzinstitut ein bisschen zu überheblich machen könnte, wenn es darum geht, was man denn mit den Staaten alles tun kann. Ich sage hierzu: Die Staaten müssen gegenüber ihren Bürgerinnen und Bürgern deutlich machen, dass die Wirtschaft für die Menschen da ist und nicht die Menschen sich der Wirtschaft beugen müssen.
Wir brauchen also verstärkte Anstrengungen. Wir sind auf einem guten Weg. Wir haben noch nicht alles geschafft und wir brauchen vor allen Dingen multilaterale Institutionen, die in einer globalisierten Welt mehr Verantwortung übernehmen. Ob das das Financial Stability Board oder ob das der IWF ist, werden wir in den nächsten Diskussionen besprechen. Aber wir sind hier auf einem guten Weg. Ich habe mich dafür eingesetzt und bin sehr froh darüber, dass gerade auch die amerikanische Regierung für den Gipfel in Pittsburgh die Idee aufgegriffen hat, dass wir an einer Charta für nachhaltiges Wirtschaften auf der Welt arbeiten sollten, um unsere Prinzipien klarzumachen – Prinzipien, die nicht darauf abstellen, immer den Tagesgewinn zu maximieren und sich nicht auf Langzeitwirkungen einzulassen, sondern die den Gedanken der Nachhaltigkeit in unser Wirtschaften einführen und ihn zu einem konstitutiven Bestandteil unseres Denkens machen, ob es nun um das Wirtschaften im engeren Sinne oder auch um den Umgang mit Ressourcen geht.
Damit bin ich bei meinem dritten Punkt. Wir werden uns in diesem Jahr der Frage stellen, ob die Welt dazu in der Lage ist, sich nach dem Kyoto-Abkommen auf weitere Schritte zur Bewältigung des Klimawandels zu einigen. Morgen gibt es hier im Abgeordnetenhaus eine interessante Abstimmung über eine, wie ich glaube, wirklich weitgehende Gesetzesvorlage. Wer hätte das vor zwei, drei Jahren gedacht? Es ändert sich eben doch manches. Ich weiß noch, wie ich bei republikanischen und demokratischen Senatoren war und wie der Senator Lieberman mir relativ fröhlich gezeigt hat: 98-mal Nein zum Kyoto-Abkommen. Auf die Frage, was mit den zwei anderen war, hieß es: Sie waren einfach nicht da. Das war damals sehr enttäuschend für eine Umweltministerin aus Deutschland, die viel für das Kyoto-Protokoll getan hat.
Jetzt würde ich sagen: So nah waren wir uns noch nie beim Thema
Klimawandel. Es kann noch ein bisschen näher werden, aber wir sind wirklich auf einem guten Weg. Da jetzt gerade ein Senator im Raum ist, aber kein Mitglied des Abgeordnetenhauses, habe ich nur die Bitte an den Senat: Verfolgen Sie gnädig, was Ihre Kollegen im Abgeordnetenhaus tun, denn aus unserer Sicht sind das sehr wichtige Schritte, und zwar sowohl, was die Ziele anbelangt, als auch, was die Instrumentarien anbelangt.
Vielleicht ist der weitestgehende Schritt der, dass man sich auf einen Zertifikatehandel eingelassen hat, so wie wir ihn in Europa auch schon haben. Ich weiß um all die Schwierigkeiten – Deutschland ist eines der großen Industrieländer in der Welt mit
Braunkohlekraftwerken, mit Steinkohlekraftwerken, mit chemischer
Industrie – und ich kenne mich in den Finessen des C02-
Emissionshandels wirklich aus. Aber ich glaube, es ist unter dem Strich ein gutes marktwirtschaftliches Instrument, um die Dinge unter gleichen Wettbewerbsbedingungen zusammenzubringen.
Ich glaube, wir müssen mit aller Kraft an einem Erfolg von
Kopenhagen arbeiten. Dabei geht es nicht allein um die Frage von Reduktionszielen und Emissionsprinzipien. Viele, viele Menschen ob sie zum Beispiel in Afrika von der Zunahme der Wüsten oder an anderer Stelle von der Verknappung von Trinkwasser betroffen sind – werden auf uns schauen, ob wir den Gedanken der
Nachhaltigkeit gemeinsam und global voranbringen können. Deshalb werde ich mich – und ich bin mir gewiss: auch gemeinsam mit unseren Partnern in den Vereinigten Staaten von Amerika – sehr dafür einsetzen, dass wir hier wirklich einen Fortschritt erzielen.
Denjenigen, die immer noch nicht ganz an den Klimawandel glauben, sage ich ganz einfach: Mehr Unabhängigkeit von endlichen Ressourcen zu gewinnen – sei es Kohle, Erdöl oder Erdgas -, wird in einer Welt, in der auch die Schwellenländer immer mehr Wachstum haben, zu einer unglaublichen Notwendigkeit werden, auch um politisch unabhängig zu sein und nicht in falsche Abhängigkeiten zu geraten. Deshalb glaube ich: Selbst wenn man Zweifel hat, ob all die Wissenschaftler beim IPCC Recht haben – ich glaube, sie haben
Recht -, ist es immer noch gut, sich rohstoffarm einen hohen Wohlstand zu leisten und die entsprechenden Herausforderungen, aber auch die Möglichkeiten der Technik anzunehmen. Wir haben in Deutschland erstaunliche Erkenntnisse darüber gewonnen, wie viel
Energie man sparen kann und es trotzdem immer noch warm im
Haus bleibt. Man kann auch Energie dabei sparen, wenn es kühl im Haus bleiben soll. Man kann bei den Autos viel machen – da ist ja auch viel in Gang gekommen.

Wir bieten die Zusammenarbeit an. Deshalb ist es auch eine wichtige Botschaft, dass, mit Blick auf den Transatlantic Economic Council, die unter Präsident Bush eingeführte transatlantische
Zusammenarbeit in Wirtschaftsfragen nunmehr auch von der neuen Administration zusammen mit der Europäischen Union weitergeführt wird. Ich setze große Hoffnungen darauf. Wir geben heute viel Geld dafür aus, unterschiedliche Testverfahren zu haben – vom Auto bis zu den Biokraftstoffen -, anstatt gemeinsame Normen und Standards zu entwickeln und das Geld, das wir damit sparen könnten, wieder in gemeinsame Forschung einzusetzen.
Insoweit wünsche ich uns auf all den angesprochenen Feldern eine wirklich gute Zusammenarbeit. Ich darf Ihnen für die
Bundesregierung und auch für die Menschen in Deutschland sagen: Wir wollen diese Zusammenarbeit auf allen Feldern. Wir wissen darum, wie wichtig es für uns ist, einen Verbündeten wie die Vereinigten Staaten von Amerika zu haben. Wir wissen darum, dass wir nach dem Ende der deutschen Teilung, nach der Akzeptanz und Freude darüber, dass wir ein wiedervereinigtes Land sind, auch mehr Pflichten haben – wer Rechte haben will, muss auch Pflichten übernehmen. Wir sind da einen guten Weg gegangen und wir wissen, dass wir noch weiter gehen müssen.
Deshalb herzlichen Dank all denen, die an diese transatlantische Partnerschaft glauben, einen besonderen Dank an die AtlantikBrücke und einen ganz besonderen Dank an Chuck Hagel!
Herzlichen Dank und alles Gute!
Il

Dokumentiert: Trump auf twitter – 25. Juni 2009

Der 25. Juni 2009 war ein Donnerstag und der 53. Tag von @realdonaldtrump auf twitter. An diesem Tag twitterte Trump nichts.