Das Elend der Medien in einem Bild

Ob Stern, Spiegel, Welt oder SZ  – alle schreiben Sie von der dpa ab.

Zu viel Lärm um das Signal von HD 164595

Besonders angelsächsische Medien schreiben gerade darüber, dass von dem System  um den Stern HD 164595 ein auffälliges Signal aufgefangen worden sei, das möglicherweise künstlichen Ursprungs sei. Und bis hierzulande auch Focus, n-tv und Co darauf anspringen ist nur eine Frage der Zeit.

Entdeckt wurde das Signal schon am 15. Mai 2015 vom Team des russischen Astronomen Nikolai Bursov von der Russischen Akademie der Wissenschaften mit dem RATAN-600 Radioteleskop in Selentschukskaja.

Wie so oft ist hier aber viel Lärm um nicht viel: Eric Korpela vom SETI@HOME Projekt stellt klar, dass ein Signal wie dieses nichts außergewöhnlich sei. Insbesondere sei hier problematisch, dass es nur einmal beobachtet wurde. Und so deutet vieles auf ein natürliches Phänomen oder eine Störung hin. Nachlesen kann man das alles hier.

Vielleicht gibt es also etwas bei dem nur knapp 100 Lichtjahre entfernten Stern, vielleicht – und das ist wahrscheinlicher – auch nichts.

Unabhängig davon: die Suche nach Signalen außerirdischer Kulturen ist eine spannende Sache, die zu unterstützen sich lohnt – z.B. ganz einfach durch die Bereitstellung von Rechenleistung. Was man alles tun kann, kann man direkt bei SETI@Home nachlesen.

10 Fakten zum 1. August

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  1. Es fängt ein neues Monat an, zu dem wir hier auch 10 Fakten haben.
    Die Schweizer feiern heute ihren Bundesfeiertag, der an den Abschluss des Bundesbriefs Anfang August 1291 erinnert. Mit ihm gründen die Kantone Schwyz, Uri und Unterwalden die Schweiz.
    Benin feiert seine 1960 erlangte Unabhängigkeit von Frankreich.
    Abel und Alfons haben heute Namenstag.
  2. Das Lied „Rule, Britannia!“ wird 1742 erstmals auf dem Landsitz des Prince of Wales, damals Friedrich Ludwig von Hannover, aufgeführt.
  3. Mit dem „Slavery Abolition Act“ verbietet Großbritannien 1833 die Sklaverei im gesamten britischen Empire.
  4. Am heutigen Tag im Jahr 1914 erklärt Deutschland im Ersten Weltkrieg Russland den Krieg. Am selben Abend fällt Russland in Ostpreußen ein.
  5. 1944 macht Anne Frank den letzten Eintrag in ihr Tagebuch.
  6. Die Erstausgaben von „Welt am Sonntag“ und „Stern“ erscheinen jeweils 1948.
  7. Seit dem 1. August 1984 wird für das Nichtanlegen des Sicherheitsgurts ein Bußgeld von ursprünglich 40 DM fällig. Die Anschnallquote erhöht sich schnell von 60% auf über 90%.
  8. 1998 wird zu diesem Tag die seinerzeit sehr umstrittene Rechtschreibreform eingeführt.
  9. Herman Melville wird 1819 geboren.
  10. Ernst Jandl wird 1925 geboren.

Hier finden Sie weitere Infos und Beiträge rund um den 1. August.

Lesenswertes 19

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Hier ist die 19. Ausgabe der lesenswerten Links. Schon bei Nummer 18 gab es übrigens eine kleine Änderung: Die Links sind jetzt nicht mehr in der Reihenfolge sortiert, in denen ich sie gefunden habe, sondern sind nach Themen geordnet.

Und noch ein Hinweis: Ich freue mich immer über Linktipps über den Tellerrand hinaus. Wer also entweder einen einzelnen Linktipp hat, gute Quellen für Links hat oder gar einmal eine ganze Ausgabe der lesenswerten  Links als Gastautor bestreiten möchte, soll mich einfach anschreiben.

So, nun aber zu den Links:

  1. KIC 8462852: Mysteriöser Stern gibt neue Rätsel auf
    Auch wenn es wohl keine Alien Strukturen sind – KIC 8462852 gibt weiter Rätsel auf.
  2. Die Food Trends 2016
    Klar, es muss ja jedes Jahr was neues geben, sonst wird es langweilig. Den Birkenwasser Trend hatte ich übrigens schon 2015 entdeckt ;)
  3. Surface Hub Hands On
    Das (oder der?) Surface Hub ist eines der faszinierendsten neuen Geräte von Microsoft. Hier ein erstes Hands On.
  4. Das Dschungelcamp im Klo Shitstorm
    Nach einem fulminanten Start tritt IBES nun etwas auf der Stelle. Eine Bestandsaufnahme.
  5. 45 Euro Demo Sold
    Immer wieder bedauerlich, wie schnell interessierte Kreise auf Fakes hereinfallen. Mal wieder absolut lesenswert bei den Mobilegeeks.
  6. Merkel – die Zeit der Kanzlerin läuft ab
    Auch in eher linksliberalen Medien scheint sich der Wind zu drehen.
  7. Angela Merkels Wette
    Sehr ausgewogener Artikel zur derzeitigen Situation.
  8. General Anzeiger Bonn
  9. Hier mal wieder ein Link auf eine ganze Website – der General Anzeiger Bonn hat sich einen Relaunch verpasst, den ich für sehr gelungen halte.
  10. Elsbeth Tatarczyk-Welte präsentiert Sonnengesang
    Ein bisschen was in eigener Sache, ein bisschen Kulturtipp für alle Bonner. In der Galerie Paque stellt derzeit meine Mutter aus. Lesen, vorbeigehen.

Bild: Ziffer 19 an einem alten Eisenbahnwaggon.

Die Scheißhäuser der Redaktionen

Die guten Redaktionen sollten ihre Siele geschlossen halten, damit der ganze Dreck von unten nicht durch ihre Scheißhäuser nach oben kommt.

Hans-Ulrich Jörges (Stern) im Juni 2007 über Blogger.

Windows Phone, die Medien und ich

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Gestern habe ich in der Printausgabe des Stern den Artikel „Es war einmal“ gelesen, auf den auf dem Titelblatt mit der Überschrift „Apple – da ist der Wurm drin“ neugierig gemacht wurde.

Darin wird über den nachlassenden Apple/iPhone Hype berichtet und erfreulicherweise auch einmal klar gestellt, dass Apple in den letzten drei Jahren eigentlich kein wirklich neues Produkt auf den Markt gebracht hat. Mich als langjährigen Apple-Skeptiker hat es gefreut, dass diese Erkenntnis endlich auch in den Publikumsmedien angekommen ist und das iPhone nicht mehr unkritisch gehypt wird.

Gleichzeitig hat es mich aber auch geärgert, dass diese Rolle jetzt dem Samsung Galaxy S4 zuteil wird. Ein Smartphone, das zwar tolle technische Daten aufweist, aber die Versprechen von den Datenblättern nur schlecht umsetzt, wie die ersten ausführlicheren Tests jetzt zeigen:

Those features may work well in Samsung’s ads, but not in real life.

schreibt z.B. phys.org.

Auch geärgert hat mich, dass es der Stern geschafft hat, Windows Phone in dem Artikel nur einmal ganz am Rande zu erwähnen. Und auch das auch nur, weil ein befragter Nutzer davon spricht. Ich habe das zum Anlass genommen, bei den angegeben Autoren einmal per twitter nachzufragen, warum Windows Phone nicht ausführlicher gewürdigt wurde.

Karsten Lemm schrieb dann zunächst zurück:

@stagerbn Mag sein. Nutzen mag es trotzdem kaum einer. Der Stern-Artikel soll zeigen, wie Apple abrutscht. Msft profitiert bisher nicht.

Richtig dabei ist – Windows Phone ist bei den mobilen Betriebssystemen laut Gartner mit 3,2% Marktanteil weltweit im ersten Quartal 2013 weit abgeschlagen hinter Android (75%) und iOS (17,3%). Immerhin – vor einem Jahr lag der WP Anteil bei nur 2%, so dass es schon ein gewisses Wachstum gibt. In Deutschland sieht es sogar übrigens etwas besser aus, der Windows-Phone Anteil bei den Smartphone Neuverkäufen lag im ersten Quartal 2013 laut Kantar bei 6,1% (Android 73,6%, iOS 16,9%).

Dabei geben sich in Deutschland die meisten Medien größte Mühe, Windows Phone zu mehr oder weniger zu ignorieren – wie jetzt gerade der Stern – oder zumindest oberflächlich abzutun.

Ein gutes Beispiel hierfür ist der erste Bericht des Spiegel Online Netzwelt Redakteurs Matthias Kremp  über das gerade in London vorgestellte Nokia Lumia 925. Angesichts der technischen Daten meint er, dass Nokia „mit dem Windows-Smartphone keine spontane Begeisterung“ auslöst. Und so sehen es dann auch die meisten anderen Medien.

Sicher, wer nur die technischen Daten des Lumia 925 mit denen des Samsung Galaxy S4 vergleicht, wird zu diesem Schluss kommen. Dualcore Prozessor gegen Quadcore (bzw. gar Octacore), 1 GB RAM gegen 2 GB RAM, WXGA gegen 1080p und 8,7 Megapixel gegen 13 Megapixel. Wer aber mit beiden Geräten kurz arbeitet, wird verwundert sein. Das Windows Phone mit den vermeintlich schlechteren Daten reagiert deutlich flüssiger und schneller als der nominell bessere Androide. Ja selbst das gerade von mir getestete Einsteiger-Smartphone Nokia Lumia 520, das weniger als 200 Euro kostet, ist in vielen Situationen „smoother“ als das Android-Spitzenmodell von Samsung.

Immerhin – Kremp wirft als einer der wenigen einen zweiten ausführlicheren Blick auf das neue Nokia und kommt zu dem Ergebnis

Nach ein paar Stunden mit den Handy zeigt sich jedoch: Das Gerät ist besser, als es das Datenblatt verspricht… Insgesamt war der erste kurze Testtag mit dem Lumia 925 vielversprechend. Das neue Nokia macht Spaß, es fühlt sich gut an, ist stabil und sieht edel aus.“

Und das ist auch die Erfahrung, die ich selbst mit Windows Phone gemacht habe: fast jeder, der sich wirklich mit dem System auseinandersetzt, ist dann auch begeistert. Es ist einfach schnell, stürzt viel weniger ab als Android und sogar iOS und hat endlich eine ganz andere Benutzeroberfläche als die App-Icon-Wüsten bei den Wettbewerbern. Für den eingefleischten Apple, HTC oder Samsung User mag sie zunächst ungewohnt sein, aber nach kurzer Zeit überwiegen die Vorteile.

Ich für meinen Teil hatte vorher ein HTC Desire HD, eines der früheren Android Flaggschiffe, doch als ich das HTC Radar mit Windows Phone in die Hände bekam, bin ich nach einem Tag umgestiegen – und habe es bisher nicht bereut – bis auf den Umstand, dass es Instagram immer noch nicht für die Plattform gibt.

Wünschen würde ich mir einfach, dass auch andere Journalisten wirklich offen auf Windows Phone eingehen und nicht einfach vom Apple- auf den Samsung-Zug umspringen. Denn das würde nur weiter dazu beizutragen, dass wir vom Apple Einheitsbrei zum Android-Einheitsbrei kommen.

Abschließend gebe ich gebe zu: Ja ich bin wahrscheinlich so etwas wie ein WP-Fanboy und lege diesbezüglich einen gewissen missionarischen Eifer an den Tag, was man an der erhöhten Windows Phone Dichte in meinem Bekanntenkreis und an gelegentlichen twitter-Gewittern und manchmal vielen Blog-Beiträgen zum Thema merkt.

Und um noch die Ausgangsfrage von Karsten Lemm zu beantworten: Nein, ich bekomme kein Geld von Microsoft oder Nokia. Ich werde auch zu keinen Presse-Events eingeladen, esse dort keine Häppchen und erhalte keine Geschenke. Nokia stellt mir lediglich gelegentlich ein Testgerät zur Verfügung, das dann nach zwei Wochen zurückgeschickt wird.

Ich bin halt Überzeugungstäter.

Der „Stern“ und der Fall Brüderle

What happens in Stuttgart stays in Stuttgart.

Sollte sich Herr Brüderle auf diesen Spruch verlassen haben, den man sonst in Zusammenhang mit Las Vegas kennt, ist er enttäuscht worden. Denn die Stern Journalistin Laura Himmelreich (@im_himmelreich) schreibt darüber, wie Herr Brüderle sie während des traditionellen Stuttgarter Dreikönigstreffens der FDP in einer Hotelbar „angemacht“ haben soll. Man könnte sogar sagen, er hat versucht, sie sehr dummdreist anzubaggern – jedenfalls stellt Himmelreich das so dar. Die ganze „Story“ wird in der Stern Ausgabe Nummer 5 erscheinen, wird aber heute schon notgeil auflagenheischend vorbereitend ausgebreitet.

Mir kommen dazu nur folgende Gedanken: Sollte Rainer Brüderle sich tatsächlich so verhalten haben, so ist das nicht sehr gentlemanlike und nicht in Ordnung. Punkt. Keine weitere Diskussion. Und auch weitere Sprüche Brüderles, die in dem Artikel zitiert werden, sind geschmacklos und nicht unbedingt mein Fall (worüber man aber lange diskutieren mag).

Das Verhalten der Frau Himmelreich und des Stern ist aber ebenso fragwürdig und geschmacklos.

Das fängt damit an, dass es absolut unprofessionell ist, ein offizielles Interview abends in einer Bar führen zu wollen. Sechs, setzen.

Doch spätestens dann, wenn man dann merkt, dass der potentielle Gesprächspartner schon angesäuselt wenn nicht sogar – Entschuldigung -hackebreit ist, sollte man das Vorhaben abbrechen. Das gilt um so mehr, wenn man feststellen muss, dass er einem mehr oder weniger plumpe Avancen macht. Frau Himmelreich hätte spätestens jetzt gehen sollen. Aber augenscheinlich fährt sie die Strategie, die im Stern selbst so beschrieben wird:

Offenherzigkeit gegen tiefes Dekolleté und klimpernde Wimpern. So einfach ist das manchmal wirklich, leider.

Scheint ja geklappt zu haben – denn jetzt ist die „große Brüderle Story“ im Stern, geschrieben in ziemlich beleidigenden Worten. Und in der ersten Fassung des verlinkten vorbereitenden Artikels ist auch noch Brüderles Familie einbezogen worden – immerhin das wurde gelöscht.

Angesichts der Umstände, wie alles zustandegekommen ist, wäre es besser gewesen, Frau Himmelreich hätte das unter vier Augen mit Rainer Brüderle geklärt oder meinetwegen über ihre Anwältin – aber nicht in dieser Form breitgetreten in der Öffentlichkeit.

Und auch der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist fragwürdig. Alles ist schließlich schon vor über einem Jahr passiert. Es sieht sehr danach aus, als sei der Zeitpunkt gezielt gewählt worden, an dem eine Veröffentlichung den größtmöglichen Schaden anrichten kann. Ich bin geneigt, hier von Kampagnenjournalismus zu sprechen.

Die Diskussion über Sexismus in der Politik ist richtig und wichtig – aber auf diese Art erweist man dem Thema einen Bärendienst, in dem eine an sich notwendige Diskussion mehr als ein Gschmäckle bekommt und mit sachfremden Themen überlagert wird.

Wenn das aber Dominik Wichmanns angekündigte „journalistische Spitzenleistungen“ sind, dann „Gute Nacht, Stern“.

Nachtrag 25.01.2013 – Inzwischen hat sich wider Erwarten eine sinnvolle Diskussion rund um das Thema Sexismus in Politik und Gesellschaft entwickelt.

28.01.2013 – Hier noch ein interessanter Beitrag, wie es sich wohl Frau Himmelreichs Begegnung mit Brüderle in der Hotelbar zugetragen hat.