Auf twitter bin ich über obigen Tweet von Ayla Mayer (jetzt Ayla Kiran), ihres Zeichens immerhin Ressort-Leiterin Social Media bei Spiegel Online und ausgebildete Journalistin, gestoßen. Er suggeriert, gesetzlich versicherte Patienten würden ein deutlich schlechteres Abendessen erhalten als privat versicherte. Reflexhaft mag man nun denken: Skandal – mal wieder diese Privatpatienten.
Dabei taugt dieses Bild aus zahlreichen Gründen gar nicht zum Skandal. Aber der Reihe nach:
- Was man zum Abendessen bekommt, hängt in allen Krankenhäusern die ich kenne, davon ab, was man sich bestellt. Und das grundsätzlich unabhängig davon, wie man versichert ist. Sprich, auch der Ehmann hätte sich die untere Variante bestellen können. Das haben dann auch die Asklepios Kliniken klargestellt und bestätigt: Natürlich kann sich jeder zum Abendessen bestellen, was er mag. Auch Gurken, Salat und ungesunde Chips. Allein schon ab diesem Punkt könnte man die Diskussion jedenfalls schon beenden. Aber:
- Im Familienzimmer muss der Partner bei einer Geburt ohnehin selbst bezahlen – das übernimmt keine gesetzliche oder private Krankenkasse, da der Aufenthalt ja nicht medizinisch indiziert ist. Dass der Selbstzahler – der ja im Regelfall wie ein Privatpatient bezahlt und behandelt wird – weniger bekommt, ist unlogisch. So oder so handelt es sich beim kargen Essen für den Vater um keine Leistung, die in irgendeiner Form mit seinem Versichertenstatus zu tun hat – auch deswegen läuft der Vergleich ins Leere.
- Und selbst wenn ein Privatpatient je nach Tarif mehr bekäme, wäre das kein Skandal, im Rahmen seines Tarifs bezahlt er im Zweifelsfall ja auch mehr.
- Weiter wurde ich darauf Aufmerksam gemacht, dass in manchen Krankenhäusern Schwangere und Wöchnerinnen anderes Essen bekommen, was ja durchaus auch angemessen wäre – das ist hier konkret aber nicht der Fall.
Mich ärgert einfach, dass eine Journalistin eine tendenziöse, vermeintlich zum Skandal taugende Behauptung einfach in den Raum stellt, ohne sie zunächst zu hinterfragen. So bleibt aber nur viel Lärm um gar nichts. Bedenklich ist auch, dass so ein tweet von über 8.000 Menschen gedankenlos geliked wird.
Und was das ganze so oder so mit Flüchtlingen zu tun hat oder haben soll, erschließt sich mir sowieso überhaupt nicht – auch wenn ich weiß, was die Verfasserin des Tweets damit bewirken will. Aber das ist wieder ein ganz anderes Thema.
Übrigens, Karl Lauterbach setzt auf den tweet dann noch was drauf…
* Nachtrag: Ich hatte die Asklepios Klinik um eine Stellungnahme gebeten, die ich hier dokumentiert habe. Der Vater hätte sich dieser zufolge als Selbstzahler ohne Probleme genau das gleiche Abendessen bestellen können.