Halloween und Deutschland

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Es ist wieder Halloween und reflexhaft empören sich die Kritiker über den „Brauch aus Amerika“.

Liebe Halloween Gegner, Ihr müsst jetzt ganz stark sein: Halloween kommt nicht aus den USA. Vielmehr ist es ein alter Brauch, der aus Irland stammt und von dort nach Schottland und England gebracht wurde – das war im 16. Jahrhundert. Später kam das Fest dann mit irischen Auswanderern nach Amerika. Gefeiert wird jedenfalls „All Hallows‘ Eve“, also der Allerheiligenabend. Ob sich darüber hinaus Verbindungen zu alten keltischen oder gar germanischen Totenfesten herleiten lassen, ist zumindest umstritten.

So oder so – wenn überhaupt kann man allenfalls von einem Reimport aus den USA nach Europa sprechen.

Und tatsächlich haben viele der Dinge, die man so zu Halloween macht, auch Vorbilder in unserem Kulturraum. So ziehen die Kinder besonders im Rheinland schon seit gefühlten Ewigkeiten von Tür zu Tür und singen für Süßigkeiten: und zwar zu Sankt Martin am 11. November – zurückhaltender als „Süßes oder Saures“, aber immerhin.

Die „wilderen“ Elemente von Halloween stehen eher in der Tradition der „Unruhnächte“ wie die Walpurgisnacht oder Sylvester und die anderen Rauhnächte, zu denen es auch im deutschsprachigen Raum viele Bräuche gab und vereinzelt noch gibt.

Vorräte anlegen (an den Türen schnörzen/erbetteln/verlangen…), die Angst vor der Dunkelheit, den bösen Geistern mit Lichtern, Feuern, Feiern und Streichen vertreiben, der Toten gedenken – all das ist nicht fremd und gab es schon, bevor Amerika von Europäern besiedelt wurde. Die Zeit rund um den ersten November verlangt eben nach so etwas – das Gedenken an die Toten trägt immer auch die Angst vor ihren Geistern in sich.

Doch viele dieser alten Winterbräuche waren hierzulande in der Breite zwischenzeitlich verschwunden. Halloween befriedigt dieses in vielen von uns schlummernde Bedürfnis danach.

Na gut, werden jetzt einige entgegnen, aber zumindest wie wir Halloween feiern ist doch sehr amerikanisch beeinflusst. Ja, das mag sein. Aber eine gewisse Amerikanisierung erleben wir in vielen Bereichen: man denke nur an den Weihnachtsmann, der sich anschickt, in Deutschland das Christkind zu verdrängen. Und ohnehin werden unsere Feste immer kommerzieller – das wahrscheinlich sogar ganz ohne US-Einfluss.

Ach ja, und dann ist in Teilen Deutschlands ja auch noch Reformationstag – den gibt es erst seit 1667 und hat daher nicht die Tradition der alten Sitten und Gebräuche, die sich in Halloween wiederfinden. Wer weiß, vielleicht wurde er ja bewusst auf diesen Tag gelegt, um alte „heidnische“ und „katholische“ Gepflogenheiten  zu überdecken…

Natürlich kann man die Entwicklung kritisch sehen – so beklagte Reverend John M. Wilsons zu Halloween die „abergläubischen, heidnischen und höchst tadelnswerten Riten, die gegen den gesunden Menschenverstand, die guten Sitten und die christliche Religion“ verstoßen würden. Das war im Jahr 1852. In den USA.

Es wäre wünschenswert, wenn bei allem Spaß die Ursprünge nicht vergessen werden – man sollte aber auch sehen, dass sich Bräuche und Traditionen weiterentwickeln und wandeln. Etwas mehr Lockerheit kann unserem Land jedenfalls nicht schaden.

Ich halte es mit Christian Stöcker und feiere Halloween – unser Kürbis ist jedenfalls schon geschnitzt.