Liste btw21: Bewerber der NPD

Hier finden Sie die Kandidaten der NPD bei der Bundestagswahl 2021: „Liste btw21: Bewerber der NPD“ weiterlesen

10 Fakten über das Parteiverbot nach Art. 21 Abs. 2 GG

  1. Grundlage für das Parteiverbot ist Art. 21 Abs. 2 GG:
    Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.
    Näheres regeln die §§ 43ff BVerfGG. Das Parteiverbot kann also nur durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen werden.
  2. Damit sie verboten werden kann, muss die Partei  also „nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen“ die „Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ oder die „Gefährdung des Bestandes der Bundesrepublik Deutschland“ zu erreichen.
  3. Das Bundesverfassungsgericht konkretisierte weiter:
    Eine Partei ist nicht schon dann verfassungswidrig, wenn sie die obersten Prinzipien einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung […] nicht anerkennt; es muß vielmehr eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung hinzukommen.
  4. Nur der Deutsche Bundestag, der Bundesrat oder die Bundesregierung können den Antrag auf ein Parteiverbot beim Bundesverfassungsgericht stellen. Parteien, die nur auf Landesebene aktiv sind, können auch auf Antrag einer Landesregierung verboten werden.
  5. Das Verfahren muss streng rechtsstaatlich sein, was durch das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit dem ersten NPD Verbotsverfahren verdeutlicht wurde:
    Die Beobachtung einer politischen Partei durch V-Leute staatlicher Behörden, die als Mitglieder des Bundesvorstands oder eines Landesvorstands fungieren, unmittelbar vor und während der Durchführung eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Partei ist in der Regel unvereinbar mit den Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren.
  6. Die Folgen des Parteiverbots sind die Auflösung der Partei und ihrer Teilorganisationen sowie die Konfiszierung des Vermögens.
  7. Bisher gab es erst zwei erfolgreiche Verbotsverfahren: gegen die SRP, eine Nachfolgeorganisation der NSDAP, am 23. Oktober 1952 und die KPD am 17. August 1956.
  8. Die Verbotsverfahren gegen die Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) und die Nationale Liste (NL) scheiterten daran, dass das Bundesverfassungsgericht schon die Parteieigenschaft verneinte. Die beiden Organisationen konnten dann als Vereine verboten werden.
  9. Besonderes Aufsehen erregten die beiden Anläufe, die NPD zu verbieten. Das erste Verfahren scheiterte, da zu viele V-Leute an entscheidenden Positionen der Partei waren. Im zweiten Verfahren stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass die NPD zwar schon die freiheitlich demokratische Grundordnung beseitigen wolle, sie aber schlicht zu unbedeutend sei, dies ernsthaft zu erreichen. Dieses Urteil wurde verschiedentlich kritisiert.
  10. Letztlich sind die Hürden für ein Parteiverbot aufgrund der jüngeren deutschen Geschichte sehr hoch, die Rechtsprechung des BVerfG hat diese sogar noch weiter erhöht.

Meinung: Altenstadt – ein Betriebsunfall der Demokratie auf ganz vielen Ebenen

Deutschland im September 2019: der Ortsbeirat der Wetterauer Gemeinde Altenstadt (Hessen) wählt den NPD-Funktionär Stefan Jagsch zu seinem Vorsitzenden – mit Stimmen von CDU, SPD und FDP. Es hätte niemanden gegeben, der sonst bereit gewesen, den Job zu machen, heißt es aus dem Gremium. Und erst keiner, der sich gut mit Computern auskenne. Außerdem sei die Arbeit in dem Ortsbeirat ganz unpolitisch. Der Sturm der Entrüstung lässt natürlich nicht lange auf sich warten und die Parteioberen fordern, die Entscheidung müsse rückgängig gemacht werden.

Soweit die Lage.

Für mich ist dies ein Betriebsunfall der Demokratie auf mehreren Ebenen.

  • Erstens ist es ein Fehler, dass es die NPD überhaupt noch gibt. Das Bundesverfassungsgericht hat den 2015 gestellten Antrag auf Verbot der Partei 2017 mit einer sehr fragwürdigen Begründung abgelehnt. Zwar sei die Partei verfassungswidrig, doch da sie nicht stark genug sei, die verfassungsmäßige Ordnung zu beseitigen, sei ein Verbot nicht angezeigt. Damit fügt das Bundesverfassungsgericht ein ungeschriebenes Merkmal zu Art. 21. Abs. 2 GG hinzu, das der Potenzialität. Nach hier vertretener Meinung hätte das Bundesverfassungsgericht diesen Spielraum gar nicht gehabt, sondern hätte die Partei verbieten müssen. Hätte das Gericht geltendes Verfassungsrecht konsequent angewandt, hätten wir das aktuelle Dilemma gar nicht. Ausführlicher dazu hier.
  • Zweitens haben wir es hier mit einem Versagen des demokratischen Engagements der Bürger zu tun – der NPD Kandidat war anscheinend der einzige, der sich für das Amt zur Verfügung stellte. Demokratie lebt aber vom Mitmachen.
  • Drittens war es natürlich ein Fehler der anderen Mitglieder des Ortsbeirats, einen NPD Funktionär zu wählen. Jeder muss sich selbst fragen, wie er es mit seinem Gewissen vereinbaren kann, einen Ortsvorsteher ins Amt gebracht zu haben, dessen Partei in einer nicht nicht nur entfernten Nähe zur NSDAP steht. Und auch die Reaktionen aus Medien und Politik hätten absehbar sein müssen.
  • Viertens finde ich aber auf der anderen Seite, dass dem Vorgang zu viel Bedeutung beigemessen wird. Wir reden hier lediglich über den Ortsbeiratsvorsitzenden einer 2.500 Seelen Gemeinde. Unsere Demokratie muss es aushalten, dass – wenn auch durch eine Art Betriebsunfall – ein Vertreter einer Partei gewählt wurde, die zwar möglicherweise verfassungswidrig ist, der es das Bundesverfassungsgericht aber im Ganzen nicht zutraut, eine echte Gefahr zu sein.

Durch den medialen Aufschrei und eine Korrektur der Entscheidung wird dem gesamten Vorfall eine Bedeutung beigemessen, die er nicht verdient hat – und die am Ende der NPD wohl nur nützen wird.

Mehr Gelassenheit täte uns allen auch hier gut.

10 Fakten über die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD)

  1. Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) wurde am 28. November 1964 gegründet.
  2. Schon bei der Bundestagswahl 1965 erreichte die Partei 2% und 1966 gelang ihr der Einzug in die Landtage von Hessen und Bayern. 1967 zog sie zudem in die Landtage von Bremen, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Schleswig-Holstein ein.
  3. Ihr bestes Ergebnis erreichte die NPD bei der baden-württembergischen Landtagswahl am 28. April 1968, wo sie 9,8% erreichte. Bei der Bundestagswahl 1969 scheiterte sie mit 4,3% knapp an der 5% Hürde.
  4. Danach begann ein Abstieg der Partei. Bei der Bundestagswahl 1972 erreichte sie nur noch 0,6% der Stimmen und war fortan auch in keinem Landesparlament mehr vertreten.
  5. Erfolge erzielte die NPD wieder in den frühen 2000ern. Bei der Landtagswahl im Saarland am 5. September 2004 erreichte die NPD 4%, bei der Landtagswahl in Sachsen am 19. September 2004 konnte die NPD schließlich zum ersten Mal seit 1968 wieder in ein Landesparlament einziehen – sie erreichte 9,2% der Stimmen. Bis 2016 war die NPD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern vertreten. Seitdem ist sie nur noch kommunalpolitisch erfolgreich.
  6. Die NPD ist programmatisch durchaus an der NSDAP ausgerichtet. Das Bundesverfassungsgericht stellt fest, sie wolle „die bestehende Verfassungsordnung durch einen an der ethnisch definierten ‚Volksgemeinschaft‘ ausgerichteten autoritären Nationalstaat ersetzen“.
  7. Auf dem Bundesparteitag von 1996 wurde das „Drei-Säulen-Konzept“ beschlossen, beschlossen, das den „Kampf um die Straße“, den „Kampf um die Parlamente“ und den „Kampf um die Köpfe“ umfasst. So ist die NPD insbesondere in den östlichen Bundesländern außerparlarmentarisch sehr aktiv.
  8. 2001 wurden von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat Verbotsanträge beim Bundesverfassungsgericht gestellt, die im März 2003 aus Verfahrensgründen eingestellt wurden, nachdem bekannt wurde, dass in den Reihen der NPD V-Leute des Verfassungsschutzes tätig waren.
    Ein zweites 2015 eingeleitetes Verbotsverfahren wurde 2017 vom Bundesverfassungsgericht zurückgewiesen, da die Partei zwar verfassungswidrig sei, ihr aber die Potenzialität fehle, die Verfassung zu beseitigen. Dieses Urteil kann man durchaus kritisch sehen.
  9. Die NPD hat – insbesondere aufgrund von Unregelmäßigkeiten und daraus nicht gezahlter Parteifinanzierung – immer wieder finanzielle Probleme.
  10. Mehr über die NPD erfahren Sie unter npd.de. Seit 2023 nennt sich die Partei „Die Heimat“. Mehr dazu finden Sie auch unter der neuen Homepage die-heimat.de.

Dokumentiert: Ablehnung des NPD-Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Bundesverfassungsgericht

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

– 1 BvQ 45/19 –

In dem Verfahren
über den Antrag,
im Wege der einstweiligen Anordnung

die Stadt Zittau zu verpflichten, die von ihr abgehängten Wahlplakate der

Antragstellerin mit der Aufschrift „Migration tötet!“ unverzüglich wieder

an ihren ursprünglichen Standorten aufzuhängen,

Antragstellerin:

Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD)

– Landesverband Sachsen -,
Geschwister-Scholl-Straße 4, 01591 Riesa

– Bevollmächtigter:
Rechtsanwalt Peter Richter, LL.M.,
Birkenstraße 5, 66121 Saarbrücken –

hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch

die Richter Masing,

Paulus,

Christ

gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 24. Mai 2019 einstimmig beschlossen:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

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Meinung: Warum das AfD Bashing nervt und kontraproduktiv ist

Hinweis 2, Juni 2019:
Und leider ist dieser Text immer noch aktuell.  Zur laufenden Bundestagsvizepräsidenten Diskussion habe ich hier etwas geschrieben.

Hinweis 1, September 2017:
Diesen Beitrag habe ich vor der Bundestagswahl 2017 geschrieben. Nachdem die AfD nun in den Bundestag einziehen wird, fahren Parteien und Medien genau mit der Methode fort, mit der sie die AfD erst groß gemacht haben. Dies ist ein Fehler und lenkt von den inhaltlichen Schwächen der Partei ab und wird diese daher langfristig weiter stärken.

Deutschland und seine Rechte

Vorab: eine Partei, die einen Björn „aka Bernd“ Höcke und sein Gedankengut in ihren Reihen duldet, ist für mich schlichtweg unwählbar. Und er ist ja nicht der einzige Nazi in der AfD. Besonders Alexander Gauland scheint sich ausweislich seiner jüngsten Äußerungen zur deutschen Verganhenheit in diese Richtung zu bewegen.

Daher ist es auch besonders wichtig und richtig, dass man auf solche Gestalten achtet und darauf hinweist, wie gefährlich diese und ihre Ideologie sind. Aber nicht die ganze AfD ist Höcke – und daher halte ich den derzeitigen Umgang mit der AfD von weiten Teilen der Medien und Politiker für falsch.

Deutschland hat schon mehrfach den Aufstieg rechter Parteien am Rande des Spektrums erlebt.

So war in den späten 1960er Jahren die NPD überraschend stark und in den Landtagen u.a. von Hessen, Bayern, Bremen, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Schleswig-Holstein vertreten. Bei der Landtagswahl 1968 in Baden-Württemberg erreichte sie 9,8% und scheiterte ein Jahr später bei der Bundestagswahl mit 4,3% der Stimmen nur knapp. In den 1990er Jahren sollten die Republikaner erstarken und in einzelnen Landtagen vertreten sein.

Deutschland hat diese rechten Parteien aber auch immer überwunden. Eben indem man sie inhaltlich bekämpft hat, was bekanntermaßen zu deren Entzauberung geführt hat. Republikaner und NPD spielen keine Rolle mehr.

Diesmal werden aber zwei Fehler gemacht.

Reflexhaftes AfD Bashing

Zum ersten ist das pauschale AfD Bashing, das derzeit betrieben wird, falsch und kontraproduktiv. Ein paar Beispiele gefällig?

  • Allein schon die Aussage von Sigmar Gabriel, dass nach 70 Jahren wieder Nazis im Bundestag sprechen könnten. Hört sich ja schön reißerisch an, ist aber falsch. Erinnern möchte ich allein an die DRP (Deutsche Reichspartei), die im ersten Bundestag vertreten war und gegen die die AfD ein linker Haufen ist. Und auch die DP wäre nach heutigen Maßstäben „nazi“. Ganz zu schweigen von den vielen Abgeordneten, die von der NSDAP nahtlos zu SPD, CDU oder FDP wechselten. Aber wen interessieren schon Fakten.
  • Dann das Wühlen im Privatleben von Alice Weidel. Eine fragwürdige E-Mail, schwammige Behauptungen rund um Hausangestellte – eine inhaltliche Auseinandersetzung mit ihrer Politik wäre mir lieber. Zugegeben: dann sollte sie aber auch nicht aus Talkshows weglaufen…
  • Die AfD will in einer Stadthalle auftreten? Wird öffentlichkeitswirksam verboten. Dass dann ein Gericht das Verbot kassiert war ja vorhersehbar, aber Hauptsache Aktionismus.
  • AfD Wahlplakate? Werden beschmiert oder gleich heruntergerissen.
  • Ein Wirt vermietet Räume an die AfD? Dann kann er angesichts der zu erwartenden Kampagnen gleich den Laden zumachen.
  • Besonders ärgerlich und undemokratischer als die Positionen der AfD finde ich, dass der Bundestag schon vorab seine Geschäftsordnung ändert, um die Rolle einer künftigen AfD Fraktion klein zu halten.

All das bestärkt die Kernwähler der Partei, die sich in ihrer Überzeugung, vom System ausgegrenzt zu werden, nur bestätigt sehen. So schafft man politische Märtyrer. Aber auch viele Wähler, für die die AfD bisher keine echte Alternative war, mögen ihr dadurch in die Arme getrieben werden.

Es kommen schon genug problematische Äußerungen aus der rechten Ecke der Partei, die man inhaltlich angreifen kann. Da braucht es keine halbgaren Geschichten.

Inhaltliche Auseinandersetzung ist gefragt

Zum zweiten war auch der Umgang mit dem Kernthema der AfD falsch. Einfach da jeder, der an der Flüchtlingspolitik der GroKo auch nur Zweifel anmeldete, in die rechte Ecke gedrängt wurde. „Wir schaffen das, sei doch kein Nazi.“ Über die gesamte Migrationspolitik wurde daher lange Zeit nicht wirklich diskutiert. Dadurch erst konnte die AfD erstarken.

Sehr gut hat das Katrin Hilger in ihrem Blog zusammengefasst, aus dem ich zitieren möchte (generell ist der Text sehr lesenswert):

Dabei hätten die Parteien nur einmal etwas sein müssen, was sie selten sind: ehrlich. Das wäre anfangs nicht schön gewesen, aber im Nachhinein leichter.  … Klar kommen bei über einer Million nicht nur lammfromme Leute in Land. … Natürlich waren alle am Anfang mit der Situation heillos überfordert. … Wenn die Regierung das zugegeben hätte – „ja, wissen wir, aber wir schauen, was wir tun können, wir entwickeln einen Plan gemeinsam mit euch und den Kommunen (wir haben noch keinen), wir halten euch auf dem Laufenden und lassen das nicht weiter aus dem Ruder laufen“. Damit hätten die Leute gut leben können – vor allem, wenn man sie aktiv informiert hätte.

Ich schrieb ja auch schon einmal, dass das Thema zu wichtig ist, um es den politischen Extremen zu überlassen.

Da die breite Koalition aus CDU/CSU, SPD, Grünen und Linke gerade bei der Migrationspolitik keine echten Antworten geliefert hat, haben viele Sympathien für die AfD – nicht, da sie die Positionen der Partei teilen, sondern da sie sich nicht mehr bei den anderen Parteien finden. Diese Wähler kann und soll man zurückgewinnen. Sie pauschal als Nazis und/oder Idioten zu bezeichnen, ist genau der falsche Weg,

Eigentlich ist es ganz einfach: Unsere Demokratie kann und muss es aushalten, dass es eine AfD gibt. Und wir können und müssen es auch ertragen, wenn eine Alice Weidel oder auch ein Höcke in der Stadthalle auftreten, auch wenn es einem nicht gefällt.

Wichtig ist vielmehr eine offene demokratische Auseinandersetzung mit der AfD und ihren Personen, Positionen und Lösungsansätzen.

Und diese wird sie entzaubern.

 

Das überraschende, möglicherweise richtige und letztlich doch falsche Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Sachen NPD Verbotsverfahren

npd-urteil-verfassungswidrig

Voranmerkung: Das Urteil des BVerfG zum NPD Verbot lässt mich in dieser Form recht ratlos zurück. In diesem Beitrag will ich darlegen, warum

  1. das Urteil für mich zunächst überraschend war.
  2. es juristisch nachvollziehbar sein kann.
  3. das gesetzte Signal dennoch problematisch ist.

und zuletzt, wie man das Dilemma anders hätte lösen können. Dazu ganz am Ende, wozu mich Meinungen von weiteren Juristen interessieren würden.

Ein überraschendes Urteil

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 2017 zum NPD Verbot hat mich zunächst sehr überrascht, stellt doch das Gericht in seinen Leitsätzen zum zweiten NPD Urteil klar fest:

Die Antragsgegnerin strebt nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung an. Sie zielt auf eine Ersetzung der bestehenden Verfassungsordnung durch einen an der ethnischen „Volksgemeinschaft“ ausgerichteten autoritären „Nationalstaat“. Dieses politische Konzept missachtet die Menschenwürde aller, die der ethnischen Volksgemeinschaft nicht angehören, und ist mit dem grundgesetzlichen Demokratieprinzip unvereinbar.

Die Antragsgegnerin arbeitet planvoll und qualifiziert auf die Erreichung ihrer gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Ziele hin.

Und in Art. 21 Absatz 2 des Grundgesetzes steht:

Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

Soweit eigentlich alles klar, oder? Also: NPD verbieten.

Aber nein, denn auf einmal folgt ein weiterer Leitsatz:

Es fehlt jedoch an konkreten Anhaltspunkten von Gewicht, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass dieses Handeln zum Erfolg führt.

Letztlich hängt das ganze Urteil an der Auslegung von zwei kleinen Worten in Art. 21 GG:

darauf ausgehen

In meinen Sprachverständnis war dies im weitesten Sinn ein Synonym für „planen“ oder „vorhaben“. Zur Sicherheit fragte ich noch bei Anatol Stefanowitsch nach, der es mit „darauf anlegen“ definierte. Das ist vielleicht noch etwas konkreter als „planen“ – aber ein Zweifel daran, dass es die NPD es auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung anlegt, besteht nicht.

Die Verfassungsrichter laden das „darauf ausgehen“ mit etwas auf, das gar nicht darin enthalten ist – der Potentialität:

…kann ein „Darauf Ausgehen“ allerdings nur angenommen werden, wenn konkrete Anhaltspunkte von Gewicht vorliegen, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass das gegen die Schutzgüter des Art. 21 Abs. 2 GG gerichtete Handeln einer Partei erfolgreich sein kann (Potentialität).

Ist dies nicht der Fall, fehlt es an einem „Darauf Ausgehen“ im Sinne von Art. 21 Abs. 2 GG. An der hiervon abweichenden Definition im KPD-Urteil, nach der es einem Parteiverbot nicht entgegenstehe, wenn für die Partei nach menschlichem Ermessen keine Aussicht darauf besteht, dass sie ihre verfassungswidrige Absicht in absehbarer Zukunft werde verwirklichen können (vgl. BVerfGE 5, 85 ), hält der Senat nicht fest.

Dies ist nicht nur ein klarer Bruch mit der älteren Rechtsprechung des Senats, sondern erweitert Art. 21 Abs. 2 GG auch gleich um ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der Potentialität – was vom Gericht freilich gleich in weiser Voraussicht im Urteil selbst bestritten wird.

Der Wortlaut des Artikel 21 GG deckt das Urteil daher auf den ersten Blick nicht.

…das auf den zweiten Blick richtig sein kann…

Vom Grundsatz her kann man das Urteil dennoch mit guten Gründen juristisch für richtig halten.

Muss es eine Demokratie nicht aushalten, dass es auch extreme Meinungen und Parteien gibt? Ist unsere Demokratie nicht so gefestigt, dass sie vor einer Splitterpartei NPD keine Angst haben muss?

Ja, wahrscheinlich schon.

Vielleicht ist es sogar verfassungsrechtlich geboten, solche Parteien als Bestandteil des demokratischen Spektrums zu dulden? Nicht völlig abwegig. Konsequent wäre dann aber gewesen, Art. 21 Abs. 2 in dieser Form als verfassungswidriges Verfassungsrecht für nichtig zu erklären und dem Gesetzgeber aufzugeben, eine entsprechende Änderung herbeizuführen.

Und was in der gesamten Diskussion weitgehend untergeht – das Bundesverfassungsgericht erteilt der NPD ja gerade keine Absolution und keinen Freifahrschein:

Der Senat verkennt nicht, dass die von einem einschüchternden, gezielt provokativen oder die Grenzen der Strafbarkeit überschreitenden Verhalten der Mitglieder oder Anhänger der Antragsgegnerin Betroffenen sich in ihrer verfassungsrechtlich gewährleisteten Meinungsäußerungs- und Handlungsfreiheit schwer und nachhaltig beeinträchtigt sehen können.

Auf Einschüchterung und Bedrohung sowie den Aufbau von Gewaltpotentialen muss mit den Mitteln des präventiven Polizeirechts und des repressiven Strafrechts rechtzeitig und umfassend reagiert werden, um die Freiheit des politischen Prozesses ebenso wie einzelne vom Verhalten der Antragsgegnerin Betroffene wirkungsvoll zu schützen.

Insoweit kann man vom juristischen Standpunkt aus mit diesem Urteil leben: Ja, unsere Demokratie kann und muss eine radikale Splitterpartei aushalten. Ein Parteiverbot ist ultima ratio, gegen Auswüchse im Parteispektrum ist mit dem bestehenden Strafrecht vorzugehen.

…von der Konsequenz her aber falsch

Allerdings: solche Zwischentöne werden in der öffentlichen Diskussion inzwischen kaum mehr wahrgenommen. Was bleibt ist die Feststellung, dass die NPD keine verfassungswidrige Partei ist.

Die Folgen können gravierend sein: Die NPD wird versuchen, ihre Grenzen weiter auszuloten und auch Pegida, Legida und besonders der radikale Flügel der AfD werden ihr Koordinatensystem weiter nach rechts verschieben. Höcke lässt grüßen.

Es ist ein bedenkliches Signal, dass die NPD nicht verboten wurde.

Eine persönliche Anmerkung

Bei dem obigen Text wollte ich nur aufzeigen, warum das Urteil zwar juristisch vertretbar sein kann, es aber gesellschaftlich problematisch ist. Es ist da und wir müssen damit leben – die normative Kraft des Faktischen eben.

Persönlich und nach einigem Nachdenken sowie der Lektüre des Urteils halte ich es nicht nur gesellschaftlich sondern auch juristisch für falsch:

  • Der Wortlaut des Art. 21 Abs. 2 gibt die Voraussetzung der Potentialität für ein Parteiverbot nicht her.
  • Das Grundgesetz verlangt im Umkehrschluss auch nicht, dass demokratiefeindliche Parteien toleriert werden müssen.
  • Art. 21 Abs. 2 ist kein Meinungs- oder Gesinnungsverbot. Es bleibt jedem im Rahmen des StGB frei, auch eine demokratiefeindliche Meinung zu vertreten. Es gibt aber gerade keinen Anspruch darauf, diese Meinung durch eine Partei zu vertreten und die Abschaffung der Grundordnung durch eine Partei zu betreiben.
  • Das Urteil ist ein Bruch mit der bestehenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 21 Abs. 2 GG.

Das Gericht hat in der Begründung teilweise ziemliche Verrenkungen angestellt, die NPD nicht verbieten zu müssen. Die Argumentation hinsichtlich der Potentialität in Art. 21 Abs. 2 GG halte ich zudem für schwach und vom Wortlaut des Gesetzes her nicht gedeckt – das hat das Gericht wohl auch erkannt, in dem es vorgreifend in den Leitsätzen schreibt

Für die Annahme ungeschriebener Tatbestandsmerkmale ist im Rahmen des Art. 21 Abs. 2 GG kein Raum.

Mich persönlich wundert, dass das Gericht so geurteilt hat. Noch mehr wundert mich, dass es zumindest kein Minderheitsvotum gegeben hat.

Bevor ich öffentlich über mögliche Gründe schreibe, lasse ich einige Tage ins Land gehen. Dass man nicht vorschnell spekulieren sollte, haben ja einige Eilmeldungen nach der Urteilsverkündung gezeigt…

Nachtrag zur persönlichen Anmerkung

Das Bundesverfassungsgericht hätte es sich mE viel leichter machen können:

Aus Art. 21 Abs 2 GG folgt zwar, dass es über die Verfassungswidrigkeit einer Partei entscheidet, aber strenggenommen nicht, was mit einer verfassungswidrigen Partei geschieht. Von einem Verbot ist dort nicht die Rede.

Auch aus § 32 ParteienG folgt mE nicht zwingend, dass eine verfassungswidrige Partei zwingend verboten werden muss. Aus § 33 Parteiengesetz lässt sich zwar schließen, dass eine verfassungswidrige Partei verboten werden kann, zwingend ist dies aber nach dem Wortlaut der Norm nicht.

Vielmehr lässt § 32 Parteiengesetz so interpretieren, dass das Bundesverfassungsgericht auch anders entscheiden könnte:

(1) Wird eine Partei oder eine Teilorganisation einer Partei nach Artikel 21 Abs. 2 des Grundgesetzes für verfassungswidrig erklärt, so treffen die von den Landesregierungen bestimmten Behörden im Rahmen der Gesetze alle Maßnahmen, die zur Vollstreckung des Urteils und etwaiger zusätzlicher Vollstreckungsregelungen des Bundesverfassungsgerichts erforderlich sind. Die obersten Landesbehörden haben zu diesem Zweck unbeschränktes Weisungsrecht gegenüber den Behörden und Dienststellen des Landes, die für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zuständig sind.
(2) Erstreckt sich die Organisation oder die Tätigkeit der Partei oder des für verfassungswidrig erklärten Teils der Partei über das Gebiet eines Landes hinaus, so trifft der Bundesminister des Innern die für eine einheitliche Vollstreckung erforderlichen Anordnungen.
(3) Das Bundesverfassungsgericht kann die Vollstreckung nach § 35 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht abweichend von den Vorschriften der Absätze 1 und 2 regeln.

Zwar fordert § 46 Bundesverfassungsgerichtsgesetz:

Mit der Feststellung ist die Auflösung der Partei oder des selbständigen Teiles der Partei und das Verbot, eine Ersatzorganisation zu schaffen, zu verbinden. 

Das ist aber nur einfaches Recht. Das Gericht hätte also ohne die angesprochenen Verrenkungen argumentieren können:

  • die NPD ist verfassungswidrig
  • bei Parteien, bei denen nicht absehbar ist, dass sie die verfassungsgemäße Ordnung wirklich beseitigen können (mangelnde Potentialität), ist ein Parteiverbot aber unverhältnismäßig und ergibt sich auch nicht als zwingende Folge aus Art. 21 Abs. 2 des Grundgesetzes.
  • § 46 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.
  • der Staat muss jedoch verfassungswidrige Parteien nicht finanzieren, daher wird angeordnet, die NPD von der Parteienfinanzierung auszuschließen.

Was meinen Staatsrechtler, andere Juristen oder interessierte Laien zu diesem Ansatz?

Leitsätze zum Urteil des Zweiten Senats vom 17. Januar 2017 – 2BvB 1/13- (NPD Verbot)

1.

Das Parteiverbot nach Art. 21 Abs. 2 GG stellt die schärfste und überdies zweischneidige Waffe des demokratischen Rechtsstaats gegen seine organisierten Feirde dar. Es soll den Risiken begegnen, die von der Existenz einer Partei mit verfassungsfeindlicher Grundtendenz und ihren typischen verbandsmäßigen Wirkungsmöglichkeiten ausgehen.

2.

Das Gebot der Staatsfreiheit politischer Parteien und der Grundsatz des fairen Verfahrens sind für die Durchführung des Verbotsverfahrens unabdingbar.

a) Die Tätigkeit von V-Leuten und Verdeckten Ermittlern auf den Führungsebenen einer Partei während eines gegen diese laufenden Verbotsverfahrens ist mit dem Gebot strikter Staatsfreiheit nicht vereinbar.

b) Gleiches gilt, soweit die Begründung eines Verbotsantrages auf Beweismaterialien gestützt wird, deren Entstehung zumindest teilweise auf das Wirken von V-Leuten oder Verdeckten Ermittlern zurückzuführen ist.

c) Der Grundsatz des fairen Verfahrens gebietet, dass die Beobachtung einer Partei während eines laufenden Verbotsverfahrens durch den Verfassungsschutz nicht dem Ausspähen ihrer Prozessstrategie dient und dass im Rahmen der Beobachtung erlangte Informationen über die Prozessstrategie im Verfahren nicht zulasten der Partei verwendet werden.

d) Ein zur Verfahrenseinstellung führendes Hindernis kommt lediglich als ultima ratio möglicher Rechtsfolgen von Verfassungsverstößen in Betracht. Zur Feststellung des Vorliegens eines unbehebbaren Verfahrenshindernisses bedarf es einer Abwägung zwischen den rechtsstaatlichen Verfahrensanforderungen einerseits und dem Präventionszweck dieses Verfahrens andererseits.

3.

Der Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne von Art. 21 Abs. 2 GG umfasst nur jene zentralen Grundprinzipien, die für den freiheitlichen Verfassungsstaat schlechthin unentbehrlich sind.

a) Ihren Ausgangspunkt findet die freiheitliche demokratische Grundordnung in der Würde des Menschen (Art. 1 Abs. 1 GG). Die Garantie der Menschenwürde umfasst insbesondere die Wahrung personaler Individualität, Identität und Integrität sowie die elementare Rechtsgleichheit.

b) Ferner ist das Demokratieprinzip konstitutiver Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Unverzichtbar für ein demokratisches System sind die Möglichkeit gleichberechtigter Teilnahme aller Bürgerinnen und Bürger am Prozess der politischen Willensbildung und die Rückbindung der Ausübung der Staatsgewalt an das Volk (Art. 20 Abs. 1 und 2 GG).

c) Für den Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sind schließlich die im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Rechtsbindung der öffentlichen Gewalt (Art. 20 Abs. 3 GG) und die Kontrolle dieser Bindung durch unabhängige Gerichte bestimmend. Zugleich erfordert die verfassungsrechtlich garantierte Freiheit des Einzelnen, dass die Anwendung physischer Gewalt den gebundenen und gerichtlicher Kontrolle unterliegenden staatlichen Organen vorbehalten ist.

4.

Der Begriff des Beseitigens der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bezeichnet die Abschaffung zumindest eines ihrer Wesenselemente oder deren Ersetzung durch eine andere Verfassungsordnung oder ein anderes Regierungssystem. Von einem Beeinträchtigen ist auszugehen, wenn eine Partei nach ihrem politischen Konzept mit hinreichender Intensität eine spürbare Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bewirkt.

5.

Dass eine Partei die Beseitigung oder Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung anstrebt, muss sich aus ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger ergeben.

a) Die Ziele einer Partei sind der Inbegriff dessen, was eine Partei politisch anstrebt.

b) Anhänger sind alle Personen, die sich für eine Partei einsetzen und sich zu ihr bekennen, auch wenn sie nicht Mitglied der Partei sind.

c) Zuzurechnen ist einer Partei zunächst einmal die Tätigkeit ihrer Organe, besonders der Parteiführung und leitender Funktionäre. Bei Äußerungen oder Handlungen einfacher Mitglieder ist eine Zurechnung nur möglich, wenn diese in einem politischen Kontext stehen und die Partei sie gebilligt oder geduldet hat. Bei Anhängern, die nicht der Partei angehören, ist grundsätzlich eine Beeinflussung oder Billigung ihres Verhaltens durch die Partei notwendige Bedingung für die Zurechenbarkeit. Eine pauschale Zurechnung von Straf- und Gewalttaten ohne konkreten Zurechnungszusammenhang kommt nicht in Betracht. Der Grundsatz der Indemnität schließt eine Zurechnung parlamentarischer Äußerung nicht aus.

6.

Eine gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Zielsetzung einer Partei reicht für die Anordnung eines Parteiverbots nicht aus. Vielmehr muss die Partei auf die Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung „ausgehen“.

a) Ein solches „Ausgehen“ setzt begrifflich ein aktives Handeln voraus. Das Parteiverbot ist kein Gesinnungs- oder Weltanschauungsverbot. Notwendig ist ein Überschreiten der Schwelle zur Bekämpfung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch die Partei.

b) Es muss ein planvolles Vorgehen gegeben sein, das im Sinne einer qualifizierten Vorbereitungshandlung auf die Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder auf die Gefährdung des Bestandes der Bundesrepublik Deutschland gerichtet ist.

c) Dass dadurch eine konkrete Gefahr für die durch Art. 21 Abs. 2 GG geschützten Rechtsgüter begründet wird, ist nicht erforderlich. Allerdings bedarf es konkreter Anhaltspunkte von Gewicht, die einen Erfolg des gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland gerichteten Handelns zumindest möglich erscheinen lassen.

d) Die Anwendung von Gewalt ist bereits für sich genommen hinreichend gewichtig, um die Annahme der Möglichkeit erfolgreichen Agierens gegen die Schutzgüter des Art. 21 Abs. 2 GG zu rechtfertigen. Gleiches gilt, wenn eine Partei in regional begrenzten Räumen eine „Atmosphäre der Angst“ herbeiführt, die geeignet ist, die freie und gleichberechtigte Beteiligung aller am Prozess der politischen Willensbildung nachhaltig zu beeinträchtigen.

7.

Für die Annahme ungeschriebener Tatbestandsmerkmale ist im Rahmen des Art. 21 Abs. 2 GG kein Raum.

a) Die Wesensverwandtschaft einer Partei mit dem Nationalsozialismus rechtfertigt für sich genommen die Anordnung eines Parteiverbots nicht. Allerdings kommt ihr erhebliche indizielle Bedeutung hinsichtlich der Verfolgung verfassungsfeindlicher Ziele zu.

b) Einer gesonderten Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bedarf es nicht.

8.

Die dargelegten Anforderungen an die Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei sind mit den Vorgaben, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seiner Rechtsprechung zu Parteiverboten aus der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) abgeleitet hat, vereinbar.

9.

Nach diesen Maßstäben ist der Verbotsantrag unbegründet:

a) Die Antragsgegnerin strebt nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung an. Sie zielt auf eine Ersetzung der bestehenden Verfassungsordnung durch einen an der ethnischen „Volksgemeinschaft“ ausgerichteten autoritären „Nationalstaat“. Dieses politische Konzept missachtet die Menschenwürde aller, die der ethnischen Volksgemeinschaft nicht angehören, und ist mit dem grundgesetzlichen Demokratieprinzip unvereinbar.

b) Die Antragsgegnerin arbeitet planvoll und qualifiziert auf die Erreichung ihrer gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Ziele hin.

c) Es fehlt jedoch an konkreten Anhaltspunkten von Gewicht, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass dieses Handeln zum Erfolg führt.

10 Fakten zum 28. September

  1. Tschechien begeht heute seinen Nationalfeiertag, den St. Wenzel-Tag. Wenzel ist der Nationalheilige Tschechiens und wurde heute im Jahr 929 oder 935 von seinem Bruder erschlagen.
    Es ist Safe Abortion Day (Sichere Abtreibung Tag).
    Julia, Lioba und Thekla haben heute Namenstag.
  2. 1717 wird in Preußen die allgemeine Schulpflicht eingeführt.
  3. Die Anarchisten August Reinsdorf, Emil Küchler und andere Verschwörer versuchen 1883 bei der Eröffnung des Niederwalddenkmals Kaiser Wilhelm I. und die versammelte Deutsche Fürstenschaft mit Dynamit in die Luft zu jagen. Das Attentat scheitert nur, da die Attentäter aus Kostengründen auf wasserfeste Zündschnüre verzichtet haben und die feuchten Lunten nicht brennen.
  4. 1928 entdeckt Alexander Flemming (Bild) die antibakterielle Wirkung des Schimmelpilzes Penicillium.
  5. Das Bundesverfassungsgericht nimmt 1951 seine Arbeit auf.
  6. Im Jahr 1958 nehmen die Franzosen in einem Referendum die neue, von Charles de Gaulle geprägte, Verfassung an, die ein starkes Präsidialsystem einführt.
  7. 1969 finden die Wahlen zum 6. Deutschen Bundestag statt. Die Parteien erzielen bei einer Wahlbeteiligung von 86,7% folgende Ergebnisse:
    CDU/CSU: 46,1%
    SPD: 42,7%
    FDP: 5,8%
    NPD: 4,3%
    Sonstige: 1,1%
    Es wird die erste sozial-liberale Koalition unter Kanzler Willy-Brandt geben.
  8. Die estnische Fähre Estonia sinkt 1994 auf dem Weg nach Stockholm vor der finnischen Küste, da die Bugklappe sich während der Fahrt öffnet; 852 Menschen sterben Um den Untergang ranken sich viele Gerüchte und Verschwörungstheorien. Mehr über die Estonia finden Sie hier.
  9. Friedrich Hecker, deutscher Revolutionär, kommt 1811 auf die Welt.
  10. Seymour Cray wird 1925 geboren.

10 Fakten zum 19. September

  1. Heute ist „International talk like a Pirate Day“. Insider begrüßen sich mit „Ahoy, matey!“, äußern unvermittelt Ayys und Arrs und huldigen den Piratentag im realen Leben. Ins Leben gerufen wurde der „Feiertag“ 1995 von John Baur und Mark Summer. Mehr dazu gibt es hier. Der Feiertag ist auch ein Hochfest des Pastafarismus.
    St. Kitts and Nevis – übrigens auch ein altes Piratennest – feiert seine 1983 erlangte Unabhängigkeit von Großbritannien.
    Wilma, Igor und Thorsten haben heute Namenstag.
  2. In Paris startet 1783 die erste Montgolfière mit Lebewesen an Bord. Als Besatzung reisen ein Hammel, eine Ente und ein Hahn.
  3. In Neuseeland erhalten Frauen 1893 das aktive Wahlrecht.
  4. Am heutigen Tag im Jahre 1941 wurde für Juden in Nazi-Deutschland das am 1. September verfügte Tragen des gelben Judensterns Pflicht.
  5. 1965 findet die Wahl zum 5. Deutschen Bundestag statt:
    CDU/CSU: 47,6%
    SPD: 38%
    FDP: 9,5%
    NPD: 2,0%
    DFU: 1,3%
    AUD: 0,2%
    CVP: 0,1%
    FSU: <0,1%
    UAP: <0,1%
    EFP: <0,1%
  6. :-) hat Geburtstag – Scott E. Fahlman schlägt heute im Jahr 1982 vor, die dem Smiley nachgebildete Zeichenkette zur Kennzeichnung von Scherzen bei E-Mails zu verwenden. In der Folge entwickeln sich viele weitere Emoticons.
  7. Das „Neue Forum“ stellt 1989 in der „DDR“ den Antrag, als politische Vereinigung anerkannt zu werden.
  8. 1991 wird die steinzeitliche Gletscherleiche Ötzi gefunden.
  9. Der Schriftsteller William Golding (Der Herr der Fliegen) kommt 1911 auf die Welt.
  10. Lesley Lawsonm, geborene Hornby und bekannt geworden als „Magermodel“ Twiggy, wird 1949 geboren. Sie war das Gesicht der 1960er Jahre.

Hier sind noch mehr Infos rund um den 19 September.