Gedicht: O death! rock me asleep


Anne Boleyn, die zweite Ehefrau von Henry VIII. soll dieses Gedicht im Tower vor ihrer Hinrichtung geschrieben haben. Ihre Urheberschaft ist aber nicht final gesichert.

O death! rock me asleep,
Bring me the quiet rest;
Let pass my weary guiltless ghost
Out of my careful breast:
Toll on the passing bell,
Ring out the doleful knell,
Let thy sound my death tell,
Death doth draw nigh;
There is no remedy.

My pains who can express?
Alas! they are so strong,
My dolour will not suffer strength
My life for to prolong:
Toll on, thou passing bell,
Ring out my doleful knell,
Let thy sound my death tell,
Death doth draw nigh;
There is no remedy.

Alone in prison strong,
I wait my destiny,
Woe worth this cruel hap that I
Should taste this misery?
Toll on, thou passing bell,
Let thy sound my death tell,
Death doth draw nigh,
There is no remedy.

Farewell my pleasures past,
Welcome my present pain!
I feel my torments so increase
That life cannot remain.
Cease now,thou passing bell;
Rung is my doleful knell,
For the sound my death doth tell,
Death doth draw nigh,
There is no remedy.

Gedicht: Der Träumende

Blaugrüne Nacht, die stummen Farben glimmen.
Ist er bedroht vom roten Strahl der Speere
Und rohen Panzern? Ziehn hier Satans Heere?
Die gelben Flecke, die im Schatten schwimmen,
Sind Augen wesenloser großer Pferde.
Sein Leib ist nackt und bleich und ohne Wehre.
Ein fades Rosa eitert aus der Erde.

Jakob van Hoddis

Die Illustration wurde mit der Midjourney AI erstellt.

Tagesgedicht: Monster der Neuzeit

Monster der Neuzeit

Die Monster sind erwacht,

ganz still und heimlich in der Nacht,

am Morgen fressen uns die Sorgen,

denn hinter uns‘rem Rücken,

fast komplett verborgen,

und ohne sich zu bücken,

erschlichen sie sich ihre Macht.

 

Tagesgedicht: Andis Dilemma

Andis Dilemma

Oh, wenn Wille allein doch nur genüge,

ach, was soll man bloß machen,

wenn’s denn im Geiste fehlt,

und ist der Wunsch auch noch so groß,

Mensch Andi komm, lass‘ endlich los!

 

 

Gedicht: Ich kam

Ich kam.
Ich gehe.
Ob je mich eine Mutter auf die Arme nahm?
Ob je ich meinen Vater sehe?

Nur viele Mädchen sind bei mir.
Sie lieben meine großen Augen,
Die wohl zum Wunder taugen.
Bin ich ein Mensch? Ein Wald? Ein Tier

Gedicht von Klabund

Gedicht: The castled crag of Drachenfels

drachenfels-byron

The castle crag of Drachenfels
Frowns o’er the wide and winding Rhine,
Whose breast of waters broadly swells
Between the banks that bear the vine,
And hills all rich with blossom’d trees,
And fields which promise corn and wine,
And scatter’d cities crowning these,
Whose far white walls along them shine,
Have strew’d a scene, which I should see
With double joy wert thou with me.

And peasant girls, with deep blue eyes,
And hands which offer early flowers,
Walk smiling o’er this paradise;
Above, the frequent feudal towers
Through green leaves lift their walls of gray;
And many a rock which steeply lowers,
And noble arch in proud decay,
Look o’er the vale of vintage-bowers;
But one thing want these banks of Rhine,
– Thy gentle hand to clasp in mine!

I send the lilies given to me;
Though long before thy hand they touch,
I know that they must wither’d be,
But yet reject them not as such;
For I have cherish’d them as dear,
Because they yet may meet thine eye,
And guide thy soul to mine even here,
When thou behold’st them drooping nigh,
And know’st them gather’d by the Rhine,
And offer’d from my heart to thine!

The river nobly foams and flows,
The charm of this enchanted ground,
And all its thousand turns disclose
Some fresher beauty varying round:
The haughtiest breast its wish might bound
Through life to dwell delighted here;
Nor could on earth a spot be found
To nature and to me so dear,
Could thy dear eyes in following mine
Still sweeten more these banks of Rhine!

Das Gedicht verfasste der britische George Gordon Byron (Lord Byron). Er erblickte den Drachenfels am 11. Mai 1816, als er auf dem Weg von London an den Genfer See war. In dem Gedicht verarbeitet er die Liebe zu seiner Halbschwester Augusta Leigh.

Die deutsche Übersetzung ist von August Mommsen und entstand 1885:

Der turmgekrönte Drachenfels

Weit droht ins offne Rheingefild
Der turmgekrönte Drachenstein;
Die breite Brust der Wasser schwillt
An Ufern hin, bekränzt vom Wein,
Und Hügeln, reich an Blüt’ und Frucht
Und Au’n, wo Traub’ und Korn gedeihn,
Und Städten, die an jeder Bucht
Schimmern im hellen Sonnenschein:
Ein Zauberbild! – Doch fänd’ ich hier
Zwiefache Lust, wärst du bei mir!

Und manche holde Bäuerin
Mit Frühlingsblumen in der Hand
Geht lächelnd durch das Eden hin;
Hoch oben blickt vom Felsenrand
Durch grünes Laub das Räubernest,
Und manches Riff mit schroffer Wand
Und kühnen Bogens stolzer Rest
Schaut weit hinaus ins Vaterland;
Nur eines fehlt dem schönen Rhein:
– Dein Händedruck, – ich bin allein!

Die Lilien, welche ich empfing,
Send’ ich zum Gruße dir ins Haus:
Wenn auch ihr Duft und Schmelz verging,
Verschmähe nicht den welken Strauß!
Ich hielt ihn hoch, ich weiß es ja,
Wann deine Augen bald ihn sehn,
Dann ist mir deine Seele nah‘:
Gesenkten Hauptes wird er stehn
Und sprechen: Von dem Tal des Rheins
Schickt diesen Gruß sein Herz an dein’s.

Der stolze Strom erbraust und fließt,
Der schönen Sagen Zaubergrund;
In tausend Windungen erschließt
Sich neue Schönheit, reich und bunt;
Wer wünschte nicht mit Herz und Mund
Ein Leben lang zu rasten hier?
Kein Raum wär’ auf dem Erdenrund
So teuer der Natur und mir,
Wenn deine lieben Augen nur
Noch holder machten Strom und Flur.

Bild: Dieses Bild ist unter der digitalen ID ppmsca.00835 in der Abteilung für Drucke und Fotografien der US-amerikanischen Library of Congress abrufbar.

Gedicht: Die Nacht auf dem Drachenfels

drachenfels-heine

An Fritz v.B.

Um Mitternacht war schon die Burg erstiegen,
Der Holzstoß flammte auf am Fuß der Mauern,
Und wie die Burschen lustig niederkauern,
Erscholl das Lied von Deutschlands heilgen Siegen.

Wir tranken Deutschlands Wohl aus Rheinweinkrügen,
Wir sahn den Burggeist auf dem Turme lauern,
Viel dunkle Ritterschatten uns umschauern,
Viel Nebelfraun bei uns vorüberfliegen.

Und aus den Trümmern steigt ein tiefes Ächzen,
Es klirrt und rasselt, und die Eulen krächzen;
Dazwischen heult des Nordsturms Wutgebrause. –

Sieh nun, mein Freund, so eine Nacht durchwacht ich
Auf hohem Drachenfels, doch leider bracht ich
Den Schnupfen und den Husten mit nach Hause.

Heinrich Heine schrieb dieses Gedicht, nachdem er am 18. Oktober 1819 mit burschenschaftlichen Bonner Studenten auf den Drachenfels zog, um den Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig zu feiern. 

Bild:  (c) Pixabay

Gedicht: Affentheater

Ja, Herr Kollega, wenn wir Flügel hätten,
Dann starrten wir nicht fiebernd vor Verlangen
ins Weite durch des Käfigs Gitterstangen
nach flammendroten Wolkensilhouetten.

So klirren wir uns Trost mit unsern Ketten –
Wir hören, ergo sind wir nicht gefangen, –
Und wimmern unser namenloses Bangen
Zum Himmel in rachitischen Sonetten.

Gefügig zappeln wir wie Marionetten,
Nervöse Marionetten mit Gehirnen,
Die an die Drähte nicht recht glauben wollen,

Und spielen – kalten Schweiß auf müden Stirnen –
Mit Ernst und Pathos unsre Jammerrollen
in dieser traurigsten der Operetten.

Das Gedicht „Affentheater“ stammt von dem österreichischer Librettisten, Schriftsteller und Juristen Hans Adler, der eigentlich Johann Nepomuk Heinrich Adler hieß. Er wurde am 13. April 1880 in Wien geboren, wo er auch am 11. November 1957 starb.

Bild: Der Affe; Franz Marc, 1912

10 Fakten zum 21. März

  1. Heute ist der Welt-Down-Syndrom-Tag, an dem an das Schicksal der von dem Gen-Defekt betroffenen Menschen aufmerksam gemacht wird. Gewählt wurde das Datum 21.3., da das 21. Chromosom bei Menschen mit Down-Syndrom drei mal vorkommt (Trisomie 21). Mehr Informationen gibt es bei der Website des wdsd.
    Es ist der von der UNO ausgerufene „Internationale Tag für die Beseitigung der Rassendiskriminierung“, auch „Internationaler Tag gegen Rassismus“ genannt. Gewählt wurde das Datum wegen des Jahrestages des Massakers von Sharpeville (Südafrika), bei dem 1960 je nach Schätzung zwischen 180 und 300 schwarze Demonstranten von Polizeikräften erschossen wurden, was z.B. zur Radikalisierung des ANC führte. In Südafrika ist zum Gedenken an das Sharpeville Massaker heute zudem der nationale Gedenktag „Tag der Menschenrechte“.
    Es ist der Internationale Tag des Waldes, an dem u.a. auf das Problem der Vernichtung der Wälder auf der Erde aufmerksam gemacht werden soll. In Deutschland hat dieser internationale Aktionstag bislang aber kaum Widerhall gefunden und wird faktisch nicht begangen.
    Am heutigen „Tag der Poesie“, der unter der Schirmherrschaft von UNO und UNESCO steht, soll an den Stellenwert der Lyrik erinnert werden.
    Heute ist der von der UNIMA (Union Internationale de la Marionnette) ins Leben gerufene „Internationale Tag des Puppenspiels“.
    Der Internationale Verband für Hauswirtschaft hat den heutigen Tag zum Welttag der Hauswirtschaft erhoben.
    Emilia und Axel haben heute Namenstag.
  2. Der Belgier Adolphe Sax erhält 1846 in Frankreich das Patent für das Saxophon.
  3. 1871 wird Otto von Bismarck von Kaiser Wilhelm I. an diesem Tag zum ersten Reichskanzler des Deutschen Kaiserreichs ernannt und in den Fürstenstand erhoben. Am gleichen Tag im Jahr 1871 tritt der erste gewählte Reichstag zusammen.
  4. Heinrich Himmler gibt 1933 als kommissarischer Polizeipräsident von München die Fertigstellung des KZ Dachau bekannt.
  5. Die gegen die kirchenfeindliche Haltung des NS-Regimes gerichtete Enzyklika „Mit brennender Sorge“ von Papst Pius XI. wird 1937 in allen deutschen katholischen Gemeinden verlesen.
  6. 1943 scheitert ein Attentatsversuch von Rudolf-Christoph Gersdorff auf Adolf Hitler, Hermann Göring, Heinrich Himmler, Wilhelm Keitel und Karl Dönitz. Er will sich bei einer Ausstellung, die diese besuchen, mit zwei britischen Splitterminen selbst in die Luft sprengen. Nachdem er den Säurezünder aktiviert hatte, verlässt Hitler das Gebäude schon nach zwei Minuten, doch der Zünder hat eine Laufzeit von 10 Minuten. Gersdorff kann den Zünder auf der Toilette dann noch rechtzeitig entschärfen. Sein Versuch bleibt unentdeckt.
  7. Das chinesische Militär schlägt 1959 den tibetischen Volksaufstand gegen die Besetzung des Landes durch die Volksrepublik China mit Militärgewalt nieder.
  8. twitter wird 2006 gegründet und Jack Dorsey setzt den ersten tweet ab.
  9. Russ Meyer – Regisseur z.B. von „Faster, Pussycat! Kill! Kill!“ (deutsch: „Die Satansweiber von Tittfield“) wird 1922 geboren.
  10. Hans Dietrich Genscher kommt 1927 auf die Welt.

Hier sind mehr Infos rund um den 21. März.

Gedicht: Weltende

Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,
In allen Lüften hallt es wie Geschrei,
Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei
Und an den Küsten – liest man – steigt die Flut.

Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen
An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken.
Die meisten Menschen haben einen Schnupfen.
Die Eisenbahnen fallen von den Brücken.

(Jakob van Hoddis)

Das Gedicht wurde am 11. Januar 1911 in der Berliner Zeitschrift Der Demokrat erstmals veröffentlicht. Es stammt von Jakob van Hoddis, der am 16. Mai 1887 geboren wurde.

Bild: Ludwig Meidner, Apokalyptische Landschaft (1913)