Meinung: Warum man auch problematische Straßennamen nicht ändern sollte – unter besonderer Berücksichtigung von Hindenburg

Werden Straßen und Plätze neu benannt, so gibt es dafür Regeln, gerade wenn es um die Benennung nach Persönlichkeiten geht. So sollen „Straßen nur nach bereits verstorbenen Persönlichkeiten“ benannt werden und „Personennamen der neueren Geschichte sollen nur dann verwendet werden, wenn ihr Geschichtsbild nach Persönlichkeit, Verhalten und Nachwirkung abgeklärt ist und überwiegend positiv bewertet wird“. Solche Formulieren finden sich in Abwandlungen in allen Städten und Gemeinden. Auch auf die Ausgewogenheit nach Geschlechtern wird inzwischen geachtet – und das ist auch alles gut so.

Inzwischen wird aber auch verstärkt über die Umbenennung von bestehenden Straßen nachgedacht und diskutiert. Und natürlich gibt es Namen, die untragbar sind: völlig zu Recht wurden die vielen Adolf Hitler Straßen direkt nach dem Krieg umbenannt, die Symbolwirkung war und wäre einfach zu fatal, wie auch übrigens bei anderen Personen, die zu seinem Kreis zählen.

Inzwischen geht die Diskussion jedoch weiter und gerade die zahlreichen Hindenburg Straßen stehen im Fokus der Aufmerksamkeit. Nun gibt es sicher historisch belastete Namensgeber, über die man eher reden sollte, ich denke da z.B. an die noch bestehenden „von-Trotha“ Straßen, doch gibt es nun einmal besonders viele Hindenburgstraßen, -plätze, Alleen und nicht zuletzt den Hindenburgdamm zwischen Sylt und dem Festland.

Doch ist der ehemalige Reichspräsident Paul von Hindenburg wirklich so ein Problem? Er war sicherlich kein Vorzeigedemokrat im modernen Sinne. Allerdings war er auch kein Antidemokrat. Sicher, als Kind seiner Zeit – Jahrgang 1847 – und aufgrund seiner Herkunft war er im Herzen Monarchist, doch fühlte er sich als alter Generalfeldmarschall durch seinen Amtseid fest an die Weimarer Reichsverfassung gebunden. Durch seine selbstverständlich geleistete Unterschrift unter den Young Plan machte er sich bei den rechten Parteien durchaus unbeliebt. Vom antisemitischen Lager erntete er harsche Kritik, da er sich für ein offizielles Portrait von „dem Juden Liebermann“ anfertigen ließ. Bevor er Hitler zum Reichskanzler ernannte, musste er erst von seinen Vertrauten Franz von Papen, Otto Meissner und Oskar von Hindenburg überzeugt werden, diesen Schritt zu gehen. Hindenburgs Intention dabei war nicht das spätere Dritte Reich, vielmehr wollte er Hitler ausbremsen. Oder wie von Papen gesagt haben soll: „In zwei Monaten haben wir Hitler in die Ecke gedrückt, dass er quietscht!“ Diese fatale Fehleinschätzung kann, ja muss, man Hindenburg vorwerfen.

Doch ist diese ein Grund dafür, Hindenburgstraßen umzubennen?

Ganz klar nein, sogar im Gegenteil.

Denn wenn wir im Alltag die negativen Aspekte und nicht uneingeschränkt positiven Personen aus unserer Geschichte ausblenden, geraten diese in Vergessenheit. Die historisch mehr oder weniger belasteten Straßenbezeichnung bringen uns immer wieder dazu, über die Vergangenheit nachzudenken und gemahnen uns, die Fehler aus ihr nicht zu wiederholen.

Und wenn wir nur noch vermeintlich politisch korrekte Straßennamen von Personen ohne Fehl und Tadel haben wollen, bleiben wohl gar keine mehr übrig. Vielleicht noch Märchenfiguren, wenn überhaupt – denn den modernen dem derzeitigen Zeitgeist entsprechenden Moralvorstellungen entsprechen diese meist auch nicht.

Daher sollten wir diese Umbenennungsdiskussionen beenden und historische Straßennamen nicht als fortgeltende Ehrung begreifen, sondern als geschichtliche Zeugnisse, die wir im Kontext sehen und interpretieren müssen.

Anders sieht es freilich bei Schulen, Universitäten, Kasernen und anderen Einrichtungen aus – diese sollten Namen von Personen tragen, die mehr als Vorbilder taugen. Eine „Paul von Hindenburg Schule“ wäre heute zu Recht undenkbar. Wider anders mag man es bei den Ehrenbürgerschaften sehen, die man mE immer auch als Ausdrücke der Geschichte und im Kontext der jeweiligen Zeit sehen sollte. Aber das ist ein anderes Thema.

Bild: Das Foto zeigt das Straßenschild am Hindenburgplatz in Bonn.

10 Fakten zum 2. Oktober

  1. Heute ist Schutzengelfest, bei dem man seinen Schutzengel feiert. Umfragen im Jahr 2011 zufolge glauben 2/3 der Deutschen, dass sie einen Schutzengel haben – das sind mehr Menschen, als an Gott glauben.
    Indien feiert „Gandhi Jayanti“, den Geburtstag von Mahatma Gandhi im Jahr 1869. Guinea feiert heute seine Unabhängigkeit von Frankreich.
    Bianca, Jacqueline und Gideon haben heute Namenstag.
  2. Der Deutsche General Lothar von Trotha erlässt 1904 seinen Aufruf an das afrikanische Volk der Herero. In der Folge fliehen diese in die Omaheke-Wüste, wo Trotha sie sogar von den wenigen Wasserstellen verjagen lässt. Tausende Menschen und ihre Herden verdursten. Dieser erste Völkermord des 20. Jahrhunderts kostet bis zu 85.000 Menschen das Leben.
  3. Die deutsche Besatzungsbehörde in Warschau ordnet 1940 den Umzug aller rund 400.000 in Warschau lebenden Juden in das Ghetto der Stadt an.
  4. Auf der Londoner Außenministerkonferenz im Jahr 1954 wird die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland sowie deren Aufnahme in die NATO beschlossen.
  5. 1983 gründet der Wirtschaftswissenschaftler Muhammad Yunus In Bangladesch die Grameen Bank, die an ärmere Menschen Mikrokredite vergibt. Er erhält dafür 2006 den Friedensnobelpreis.
  6. Uwe Barschel tritt 1987 wegen der Bespitzelung- und Verleumdungsaffäre gegen seinen SPD-Herausforderer Björn Engholm als Ministerpräsident von Schleswig Holstein zurück. Die Barschel Affäre zählt zu den größten politischen Skandalen in der Geschichte der Bundesrepublik.
  7. Franz Viehböck startet gemeinsam mit den beiden Kosmonauten Alexander Alexandrowitsch Wolkow und Toktar Aubakirow im Jahr 1991 zur russischen Raumstation Mir. Er ist damit der erste Österreicher im All.
  8. Die Alphabet Inc. die Holding zu der inzwischen auch Google gehört, wird 2015 gegründet.
  9. Andreas Gryphius wird 1616 geboren.
  10. Der spätere Reichspräsident Paul von Hindenburg kommt 1847 auf die Welt.

10 Fakten zum 3. Juli

wien-riesenrad

  1. Weißrussland feiert heute seinen Nationalfeiertag, den Tag der Republik.
    Thomas hat heute Namenstag.
  2. Das vom römischen Kaiser Konstantin im März 321 erlassene Dekret, dass der Sonntag arbeitsfreier Ruhetag ist, wird im gesamten römischen Reich umgesetzt. Nur landwirtschaftliche Arbeiten sind davon ausgenommen.
  3. Mit einem Sieg für die Nordstaaten endet vor 1863 die Schlacht von Gettysburg, die eine der entscheidenden im amerikanischen Bürgerkrieg ist. Die Schlacht ist oft verfilmt und beschrieben worden.
  4. Der erste Aktienindex der USA, der von Charles Dow entwickelte Dow Jones Railroad Average, wird 1884 erstmals veröffentlicht.
  5. Das Riesenrad im Wiener Prater wird 1887 in Betrieb genommen.
  6. 1953 besteigt der Österreicher Hermann Buhl als erster Mensch den Nanga Parbat.
  7. Der Deutsche Bundestag beschließt 1979, die Verjährung bei Mord und Völkermord endgültig aufzuheben.
  8. Iran-Air-Flug 655 mit 290 Menschen an Bord wird 1988 über dem Arabischen Golf (auch Persischer Golf) versehentlich von Raketen des amerikanischen Kreuzers USS Vincennes abgeschossen. Alle Insassen sterben.
  9. Adrian Dietrich Lothar von Trotha kommt 1848 auf die Welt. Mit dem Vernichtungsbefehl gegen die Herero ist er verantwortlich für den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts.
  10. Franz Kafka wird 1883 geboren.

Bild: Pixabay

Was am 31. März in Bonn passiert ist

1920

Lothar von Trotha stirbt. Mit dem Vernichtungsbefehl gegen die Herero ist er verantwortlich für den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts.