Ein Plädoyer für ein Urheberrecht

Es ist den „Piraten“ anzurechnen, dass sie eine Diskussion über das Urheberrecht in den Zeiten des Internet angestoßen haben. Und wenn ich deren Positionspapier zum Urheberrecht richtig verstehe, lautet ihre Kernposition vereinfacht: „Wir achten die Rechte des Urhebers, aber sobald er sein Werk ins Internet stellt, muss er damit akzeptieren, dass es für nichtkommerzielle Zwecke kopiert werden darf.“

Das ist an sich ein ehrenwerter Ansatz, der aber viele neue Fragen aufwirft: Sonst nicht online verfügbare Filme, die von Blu-Ray oder DVD kopiert und auf Filesharing-Plattformen angeboten werden, wären dann wohl auch nach einem Piraten-Urheberrecht illegal. Und ab wann ist die Vervielfältigung kommerziell? Schon beim Upload auf einer werbefinanzierten Download-Plattform? Fragen über Fragen.

Und inzwischen rufen die ersten tatsächlich laut „SCHAFFT DAS URHEBERRECHT AB!„.

Ich selbst gehe in dieser Diskussion von zwei Dingen aus:

  1. Wir brauchen ein Urheberrecht.
  2. Das derzeitige Urheberrecht wird den Anforderungen, die sich durch digitale Medien ergeben, nicht gerecht.

Warum ich zunächst für ein Urheberrecht bin? Weil ich finde, dass derjenige, der ein Werk erschafft, darüber bestimmen soll, wie dieses verwertet wird. Ganz gleich ob dies der Autor mit seiner Reiseschreibmaschine, ein Blogger oder ein Filmkonzern ist. Sie investieren Zeit, Wissen, Mühe und oft auch Geld in die Erstellung von Inhalten – bei Blockbuster-Filmen inzwischen oft Summen, die 100 Millionen US$ übersteigen. Ohne ein Urheber- und Verwertungsrecht würde in vielen Fällen die Motivation wegfallen, kreativ tätig zu sein und unsere Welt wäre eine ärmere.

Was nun das Urheberrecht an sich angeht, will ich einige Aspekte kurz anreißen:

  1. Das Urheberrecht braucht einen klareren Werkbegriff, der höhere Ansprüche an ein schützenswertes Werk stellt.
  2. Die Rechte der Urheber gegenüber den kommerziellen Verwertern müssen gestärkt werden.
  3. Der Urheber muss das Recht haben, zu bestimmen, wie und in welcher Form sein Werk veröffentlicht und vervielfältigt werden darf. Das umfasst natürlich auch das Recht, dies kostenlos zu tun.
  4. Es muss ein klar formuliertes Recht für eine Privatkopie geben, das aber gerade keine Bereitstellung von fremden Inhalten auf Filesharingplattformen umfassen kann – denn das ist keine private Vervielfältigung sondern eine öffentliche.
  5. Sofort kostenpflichtige Abmahnungen und eine vorschnelle Kriminalisierung bei Verstößen gegen das Urheberrecht sind nicht sachgerecht, müssen aber als ultima ratio bestehen bleiben.
  6. Durchaus diskutieren sollte man über den Vorschlag der Piraten, dass Werke, deren Erstellung staatlich finanziert wurde (wie z.B. in Universitäten), frei verfügbar sein sollten.
  7. Es muss sichergestellt werden, dass auch Personen, die nur über begrenzte finanzielle Mittel verfügen, Zugriff auf Informationen, Wissen und Unterhaltung haben.
  8. Eine zeitliche Begrenzung der Verwertungsrechte könnte sinnvoll sein. So könnten die ersten 12 Jahre frei sein, danach müssen Urheber oder Verwerter für bestimmte Verlängerungen Abgaben zahlen, ähnlich wie dies im Patentrecht der Fall ist. Zeitliche Obergrenzen, insbesondere nach dem Tode des Urhebers, sind ebenfalls sinnvoll.
  9. Das gesamte System von Urheberrechtsabgaben, TV-Gebühren und Kultursubventionen sollte einheitlich reformiert werden.
  10. Letztlich kommt es auf einen fairen Interessenausgleich zwischen Urhebern, deren Helfern bei der Verwertung und den Nutzern an.