Wie man ohne ideologisch zu wirken geschlechterneutral formulieren könnte – am Beispiel einer E-Mail der Stadt Bonn

Seit vielen Jahren unterstütze ich aktiv als Wahlhelfer die Durchführung von Wahlen in Bonn und habe auch immer dafür geworben, dass auch andere hier aktiv werden.

Daher erhielt ich heute folgende E-Mail:

Von: Wahlhelfende <wahlhelfende@bonn.de>
Betreff: Einladung zum Einsatz bei der Bundestagswahl 2021

Guten Tag,

auch wenn seit der Kommunalwahl erst wenige Monate vergangen sind, werden auch für die kommende Bundestagswahl am 26. September 2021 wieder Wahlhelfende gebraucht.

In den vergangenen Jahren konnten wir uns immer wieder auf Ihre Unterstützung verlassen und möchten uns dafür auf diesem Wege noch einmal bei Ihnen bedanken! Hoffentlich werden Sie auch in diesem Jahr erneut als wahlhelfende Person im Einsatz sein.

Unser Anliegen ist es, den Ablauf des Wahltages sowohl für Sie als auch für uns nach Möglichkeit zu optimieren und zu vereinfachen. Daher werden wir zukünftig, die Auszahlung der Erfrischungsgelder unbar (in Form einer Überweisung) durchführen. Um dies zu ermöglichen, benötigen wir Ihre aktuelle Kontoverbindung.
Die IBAN-Nummer sowie Ihre weiteren Kontaktdaten bzw. Wünsche können Sie unkompliziert in unserem Online-Formular eingeben. Das Formular sowie weitergehende Informationen zu dem Thema „Wahlhelfende“ finden Sie auf unserer Internetseite.

Da wir Ihre Kontoverbindung in der Vergangenheit nicht abgefragt haben, bitten wir Sie, das Online-Formular auszufüllen. So können auch nochmal komplett Ihre aktuellen Daten abgeglichen werden.

Bei Fragen können Sie sich gerne telefonisch oder per E-Mail an uns wenden.

Mit besten Dank & freundlichen Grüßen

Ihr Wahlhelfenden-Team

Gestolpert bin ich dabei über die Formulierung „Wahlhelfende“, die ich als konstruiert und nicht dem Sprachgebrauch entsprechend empfinde. Ich muss zugeben, dass mich dies soweit stört, dass ich sogar überlege, bei der Bundestagswahl 2021 erstmals nicht für das Amt zur Verfügung zu stehen, was ich auch getwittert habe. Die grüne Bonner Oberbürgermeisterin Katja Dörner, die ich im übrigen gewählt und im Vorfeld auch für ihre Wahl geworben habe – antwortete daraufhin, dass Sie es schade finde und auch nicht verstehen könne, dass das Bemühen, eine Sprache zu verwenden, die alle einschließt, zu einer solchen Reaktion führt,

Man mag darüber streiten, ob das generische Maskulinum nun Frauen und Diverse mitnimmt oder nicht. Wenn die Stadt Bonn meint, das ist nicht der Fall, ist das so und sie kann es in ihrer Kommunikation anders halten. Man könnte aber auch alle mit Formulierungen mitnehmen, die dem Sprachgebrauch mehr entsprechen und über die man stolpert, z.B. so:

Von: Wahlorganisation <wahlorga@bonn.de>
Betreff: Einladung zum Einsatz bei der Bundestagswahl 2021

Guten Tag,

auch wenn seit der Kommunalwahl erst wenige Monate vergangen sind, wird auch für die kommende Bundestagswahl am 26. September 2021 wieder Unterstützung in den Wahllokalen gebraucht.

In den vergangenen Jahren konnten wir uns immer wieder auf Sie verlassen und möchten uns dafür auf diesem Wege noch einmal bei Ihnen bedanken! Hoffentlich werden Sie auch in diesem Jahr dabei sein.

Unser Anliegen ist es, den Ablauf des Wahltages sowohl für Sie als auch für uns nach Möglichkeit zu optimieren und zu vereinfachen. Daher werden wir zukünftig, die Auszahlung der Erfrischungsgelder unbar (in Form einer Überweisung) durchführen. Um dies zu ermöglichen, benötigen wir Ihre aktuelle Kontoverbindung. Die IBAN-Nummer sowie Ihre weiteren Kontaktdaten bzw. Wünsche können Sie unkompliziert in unserem Online-Formular eingeben. Das Formular sowie weitergehende Informationen zu dem Thema „Wahlunterstützung“ finden Sie auf unserer Internetseite.

Da wir Ihre Kontoverbindung in der Vergangenheit nicht abgefragt haben, bitten wir Sie, das Online-Formular auszufüllen. So können auch nochmal komplett Ihre aktuellen Daten abgeglichen werden.

Bei Fragen können Sie sich gerne telefonisch oder per E-Mail an uns wenden.

Mit besten Dank & freundlichen Grüßen

Ihr Wahlorganisations-Team

Mit diesem Text würde man ebenso alle mitnehmen. Er liest sich – zumindest meiner Meinung nach – glatter.

Viel wichtiger noch ist aber aus meiner Sicht folgendes: Das gesamte Thema genderneutrale Sprache ist aktuell umstritten. Eine starke Minderheit kämpft dafür, eine andere starke Minderheit bekämpft sie – man schaue nur mal unter dem Hashtag #Gendergaga bei twitter nach – übrigens eine Formulierung, die ich ablehne.

Dass man als Behörde mit Formulierungen wie „Wahlhelfende“ Öl ins Feuer gießt und so gesellschaftliche Konflikte verschärft, sollte eigentlich klar sein. Um so unverständlicher, dass man dies tut, wenn es doch andere Wege gibt, alle mitzunehmen.

10 Fakten über die OB Stichwahl 2020 in Bonn

  1. Die Stichwahl um das Amt des Oberbürgermeisters in Bonn fand am 27. September 2020 statt, nachdem keiner der Kandidaten am 13. September 2020 die erforderliche absolute Mehrheit gewann.
  2. Bei einer Wahlbeteiligung von 48,68% gewann Katja Dörner 56,27% der gültigen Stimmen, Amtsinhaber Ashok-Alexander Sridharan 43,73%. Neue Oberbürgermeisterin in Bonn wird damit Katja Dörner
  3. Die niedrigste Beteiligung gab es im Wahlbezirk 07 Tannenbusch mit lediglich 26,4%. Dörner gewann hier mit 50,12%.
  4. Die höchste Wahlbeteiligung hatte der Wahlebezirk Baumschulallee/Südstadt mit 62,5%. Katja Dörner holte hier 64,39% der Stimmen.
  5. Die meisten Stimmen holte Dörner in Innere-Nordstadt mit 78,26%; Sridharan hatte hier nur 21,74%.
  6. Die wenigsten Stimmen für Dörner gab es in Röttgen/Ückesdorf mit 40,73%. Sridharan hatte hier 59,27%. Übrigens – hier wohnt er übrigens auch.
  7. Die meisten ungültigen Stimmen gab es in Beul Süd / Limperich (1,02%), die wenigsten in Neu-Tannenbusch / Buschdorf mit 0,27%. Oft wurden die Stimmzettel dabei wie im obigen Beispiel mit Kommentaren ungültig gemacht.
  8. Sridharan gewann nur in acht von 33 Wahlbezirken: Röttgen / Ückesdorf (59,27%), Lengsdorf / Büser Berg (57,90%), Duisdorf / Medinghoven (53,57%). Venusberg / Ippendorf (53,06%), Duisdorf / Finkenhof / Lengsdorf (52,53%),  Pützchen / Bechlinghoven / Holtorf / Ungarten (52,04%) Mehlem (50,27%) und Holzlar / Hoholz (50,01%).
  9. Im Wahlbezirk Holzlar/Hoholz gab es sogar nur eine Stimme Unterschied zwischen beiden: 1.887 für Sridharan und 1.886 für Dörner. Im Wahllokal des Wahlgebiets Heiderhof Süd hatten beide sogar je 145 Stimmen.
  10. Bezieht man die für Dörner abgegeben Stimmen (67.880) auf alle Wahlberechtigten (249.098), wurde sie von 27,3% der Bonner gewählt. Das ist immerhin deutlich besser als Sridharan 2015, den damals nur 22,6% der Bonner Wahlberechtigten wählten.

Liebe Katja Dörner, herzlichen Glückwunsch – respice post te, hominem te esse memento!

Liebe Katja,

ich möchte Dir ganz herzlich zu Deinem Sieg bei der OB-Wahl in Bonn 2020 gratulieren! Dein Wahlsieg ist deutlicher ausgefallen als erwartet und eine grüne Oberbügermeisterin in einer Stadt wie Bonn ist durchaus bemerkenswert!

Respice post te, hominem te esse memento!

Doch bleib auf dem Boden. Denn Deinen Sieg hast Du nicht den Wählern zu verdanken, die wissen, wer Du bist und wofür Du stehst.

Du bist Oberbürgermeisterin geworden, da Dein Amtsvorgänger Ashok Alexander Sridharan die wohl erbärmlichste Bilanz eines Bürgermeisters in der Bonner Geschichte vorzuweisen hat, Ludwig Rickert einmal ausgenommen. Das haben viele Bonner erkannt und so konntest Du Stimmen bis tief ins bürgerliche Lager gewinnen.

Damit ist Deine Wahl für Dich aber auch nicht nur Anlass zum Jubel, sondern auch eine Mahnung, die Fehler Deines Vorgängers nicht zu wiederholen, sondern die ganze Stadt in ihrer Breite auf Deinem Weg mitzunehmen und nicht Dich selbst in den Mittelpunkt zu stellen.

Denn es wäre schade, wenn auch Du in fünf Jahren abgewählt würdest. Bonn und Du können mehr. Mach was draus!

Ich wünsche Dir dafür von Herzen viel Erfolg!

Bild: Rathaus Bonn, 1885. Bernhard Mannfeld

Meinung: Warum ich bei der OB-Stichwahl in Bonn für Katja Dörner stimmen werde

In Bonn kommt es zur Stichwahl um das Amt des Oberbürgermeisters. Auf der einen Seite steht Amtsinhaber Ashok Alexander Sridharan (CDU), auf der anderen die Bundestagsabgeordnete Katja Dörner (Grüne).

Meine Stimme am 27. September 2020 wird Katja Dörner erhalten.

Sicher, sie bringt keine Erfahrung im Bereich der kommunalen Verwaltung mit. Doch hat Sridharan, der diese Erfahrungen eigentlich hat, diese nicht geholfen, die Stadt nach vorne zu bringen. Er ist ein OB ohne Fortüne und kann keine Erfolge vorweisen.

Dabei ist Bonn ist eine Stadt mit den bestmöglichen Voraussetzungen. Doch ein Konzept für die Zukunft hat sie schon lange nicht mehr. Kaum ein Projekt, das noch gelingt, stattdessen Stillstand. Und Sridharan, der das hätte ändern können, präsentiert sich lieber auf der internationalen Bühne und sonnt sich im vermeintlichen eigenen Ruhm. Er hatte die Chance, sich zu beweisen, aber er hat diese nicht genutzt.

Ich traue es Dörner zu, die verkrusteten Strukturen in der Bonner Stadtverwaltung aufzubrechen und neue Akzente in Sachen Bürgernähe setzen. Auch die Zusammenarbeit mit dem Rat wird besser funktionieren, war der bisherige OB doch selbst in der Fraktion seiner CDU nicht wirklich wohlgelitten.

An den Grünen vorbei kann in Bonn sowieso kein OB mehr regieren, stellen sie doch jetzt die stärkste Ratsfraktion. So ist es nur folgerichtig, wenn die nächste Oberbürgermeisterin ebenfalls eine Grüne ist.

Wer jetzt Angst vor zu viel Grün hat, dem sei diese genommen: Dörner ist auch Pragmatikerin und kann Kompromisse schließen. Und diese wird sie angesichts der Verhältnisse im Rat – stärkste Fraktion hin oder her – auch schließen müssen. Aber eben bessere, als bisher. So hoffe ich jedenfalls.

Wahlplakat: Katja Dörners Zuhör Tour abgesagt

Der Wahlkampf um den Posten des Oberbürgermeisters in Bonn wirft seine Schatten voraus und Kandidatin Katja Dörner wollte sich im Rahmen einer Zuhör-Tour vorstellen.

Diese ist nun allerdings wegen der aktuellen Lage rund um das Corona Virus ausgefallen.

Wahlplakat #btw17: Die Erde, die Kinder, Katja Dörner und der Ursprung eines Zitats

Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt.

Mit diesem Spruch haben die Grünen schon öfter geworben, und so holt ihn auch Katja Dörner, Grüne Direktkandidatin im Wahlkreis 96 (Bonn), aus der politischen Mottenkiste.

Es handelt sich übrigens dabei um keine indianische Weisheit, sondern um einen Satz aus einer Veröffentlichung des Umweltaktivisten Wendell Berry aus dem Jahr 1971:

We can learn about it from exceptional people of our own culture, and from other cultures less destructive than ours. I am speaking of the life of a man who knows that the world is not given by his fathers, but borrowed from his children; who has undertaken to cherish it and do it no damage, not because he is duty-bound, but because he loves the world and loves his children…

Richtig berühmt wurde es aber erst durch eine Rede des australischen Politikers Moss Cass vor der OECD im Jahr 1974, der aber Berry gelesen haben dürfte.

We rich nations, for that is what we are, have an obligation not only to the poor nations, but to all the grandchildren of the world, rich and poor. We have not inherited this earth from our parents to do with it what we will. We have borrowed it from our children and we must be careful to use it in their interests as well as our own. Anyone who fails to recognise the basic validity of the proposition put in different ways by increasing numbers of writers, from Malthus to The Club of Rome, is either ignorant, a fool, or evil.

So, jetzt haben Sie wieder was gelernt.

Gesehen in der Bonner Innenstadt.

10 Gedanken zur Edathy Affäre

Über die gesamte Edathy Affäre könnte man so viel schreiben, dass man den ganzen Tag für nichts anderes mehr Zeit hätte… daher hier nur 10 schnelle Gedanken…

1. Wo bleibt der Aufschrei?

Ein tweet von @derwachsame bringt es auf den Punkt:

Schlimm ist, dass alle über Edathy, Oppermann und die verletzten Gefühlen der CSU diskutieren, aber keiner über die Opfer: die Kinder.

— Der Wachsame (@DerWachsame) 18. Februar 2014

Genau das ist die Frage – insbesondere diejenigen, die in der Debatte rund um eine anzügliche Bemerkung von FDP Mann Rainer Brüderle aufgeschrien haben, sind verdächtig ruhig oder nehmen Edathy gar in Schutz. Und wenn es nun in manchen Blogbeiträgen so dargestellt wird, als sei Edathy nichts vorzuwerfen, er habe sich schließlich nicht an Kindern vergangen, so ist dem zu entgegnen, dass es ohne Käufer solcher Bilder zumindest weniger kommerzialisierten Missbrauch geben würde.

2. Bitte keine falsche Solidarität

Was mich in vorigem Zusammenhang ärgert – hätte Rainer Brüderle solche Bilder gekauft, wäre der #Aufschrei da – und was für einer. Nur weil Edathy dieser Gruppe wegen NSU Untersuchungsausschuss oder seines Standpunktes zur NSA Affäre „sympathisch“ ist,  wird er in Schutz genommen oder eben zumindest nicht thematisiert. Das ist falsche Solidarität.

3. Aber bitte auch kein billiger Populismus

Genau so falsch finde ich es aber, wenn jetzt einfach nur gegen Edathy gekeilt wird, weil einem seine politischen Positionen nicht gefallen. Dazu gehören nicht nur die üblichen „Schwanz ab“ oder „Todesstrafe für Kinderschänder“ Schreie aus einer bestimmten Ecke sondern auch Schlagzeilen wie diese:

streicht-edathy-geld

4. Edathy sollte sich erklären

Mehr oder weniger unstrittig ist, dass Edathy sich Material mit nackten minderjährigen Jungs besorgt hat. Statt sich nun nur als Opfer einer Hexenjagd zu sehen und gegen die Staatsanwaltschaft zu schießen sollte er zumindest Mitgefühl für die Opfer zeigen. Und das sind die abgebildeten Kinder.

5. Gesetzesänderung notwendig

Anscheinend ist eine Änderung des Sexualstrafrechts vonnöten. Bitte überlegt und ohne Aufregung. Lesenswert dazu „Prävention im Kinderschutz stärken“ von Katja Dörner und Konstantin von Notz.

6. Wie man’s macht, man macht es falsch… oder das „Friedrich Dilemma“

Nein, ich bin kein großer Freund von Hans-Peter Friedrich. Leider war er im Dilemma: Gibt er seine Erkenntnisse über die Edathy Ermittlungen in irgendeiner Form an die SPD Spitze weiter und verhindert damit, dass die Bombe hochgeht, wenn Edaty möglicherweise im Kabinett sitzt? Oder schweigt er? Vielleicht hätte er Gabriel nur stecken sollen: „Ich kann Dir leider nicht sagen warum, aber Edathy in herausgehobener Position geht gar nicht. Du wirst vielleicht noch sehen, warum….“. Auch schwierig.

Ich befürchte: In dem Moment, in dem Friedrich von den Edathy Ermittlungen erfahren hat, war das Ende seiner Karriere als Bundesminister in dieser großen Koalition eigentlich schon besiegelt. Er war eben das naheliegende Bauernministeropfer.

7. Die SPD Spitze hat Edathy nichts gesteckt

In einem bin ich mir ziemlich sicher – von Gabriel, Steinmeier, Oppermann und Christine Lamprecht hat Edathy nichts von den Ermittlungen gegen ihn gewusst. Denn diesen musste klar sein: Sollte die ganze Angelegenheit öffentlich werden, wäre ein Rücktritt Edathys unvermeidlich und die SPD müsste sich von ihm abgrenzen. Und der oft impulsiv handelnde Edathy würde dann durchstechen, dass die SPD seit geraumer Zeit über die Vorwürfe informiert war und ihn warnte. Das wäre es dann auch für die SPD Führungsriege gewesen…

8. Geht wer in der SPD?

CDU/CSU haben ihren politischen Teil zur Bereinigung der Affäre mit dem Friedrich Rücktritt schon geleistet. Und ohne das Verhalten Oppermanns wäre es erstmal nicht dazu gekommen – er hätte von Friedrichs Information gar nichts öffentlich sagen müssen, denn spätestens wenn bekanntgeworden wäre, dass Oppermann beim BKA angerufen hat… somit ist er eigentlich derjenige, der bei der SPD die politische Verantwortung übernehmen müsste. Ärgerlich nur – er ist zu wichtig für die große Koalition und das weiß auch Merkel. Wenn also jemand in der SPD geht, wird es am naheliegendsten Christine Lamprecht sei, die im frühen Stadium der Affäre sagte:

Die genannten Gründe, Besitz von Kinderpornografie, sind sehr schwerwiegend. … Ich beziehe mich nur auf die genannten Gründe, die in Medien bekannt wurden. Ich persönlich habe keine Kenntnis darüber, was der Grund für das Ermittlungsverfahren ist.

Und diese Aussage war nach derzeitigem Kenntnisstand falsch. Wird also um des lieben Koalitionsfriedens willen ein Rücktritt der ersten parlamentarischen Geschäftsführerin sein.

9. Die eigentlichen Vorwürfe gegen Edathy werden sich wohl nie aufklären lassen

Sicher auch – Edathy ließ über seinen Anwalt im Herbst 2013 beim LKA Niedersachsen anfragen, wie der Ermittlungsstand in seiner Sache sei. Er hatte also mehr als genug Zeit, möglicherweise Material verschwinden zu lassen oder sagen wir mal Laptops zu verlieren. Wenn nicht aus anderer Quelle handfeste Beweise kommen, wird man Edathy nichts weiteres nachweisen und ihn nicht verurteilen können. Zu Recht. Die moralische Frage ist freilich eine ganz andere.

10. Bismarck hatte Recht

Je weniger die Leute wissen, wie Würste und Gesetze gemacht werden, desto besser schlafen sie!
(Otto von Bismarck)

Ein geschwätziger Innenminister, der zurücktreten muss. Ein SPD Fraktionsgeschäftsführer, der den BKA Präsidenten anruft. Ein BKA Präsident, der dem SPD Fraktionsgeschäftsführer widerspricht. Eine Provinzzeitung, die rechtzeitig über eine Razzia informiert ist. Presserechtlich fragwürdige Bilder. Ein geöffneter Brief der Staatsanwaltschaft Hannover an den Bundestagspräsidenten. Büros, die zu durchsuchen vergessen wird. Ein mysteriöser Rücktritt eines SPD Abgeordneten, der dann im Ausland untertaucht. Ein Laptop, der unter eigenartigen Umständen verschwindet. Bilder von nackten Knaben im rechtlichen Graubereich…

In der Tat – würde ich all das nicht wissen, würde ich wohl besser schlafen.

Nachtrag

Der ursprünglich als Beispiel unter Punkt 1 verlinkte (lesenswerte) Blogbeitrag sieht den Sachverhalt differenzierter, was ich beim ersten Lesen so nicht gesehen habe. Inzwischen gibt es dort auch eine Klarstellung. Ich habe die entsprechende Verlinkung entfernt, um keinen falschen Eindruck zu erwecken.