Jugend ohne Gott?

Heute hatte ich ein schönes Erlebnis im Zug. Ein Junge, aufgrund zahlreicher Pubertätsmerkmale auf Anfang 14 geschätzt, stieg zusammen mit seiner Mutter und viel Gepäck ein. Er setzte sich neben mich, grüßte freundlich und packte sein Nintendo DS aus.

Doch anstatt zu spielen, startete er darauf die „Bibliothek der klassischen Bücher“ und erzählte mir, dass er dort gerade „Jugend ohne Gott“ von Ödön von Horváth (Bild) lese. Sehr gesprächig gab er dann eine Inhaltsangabe und Kurzinterpretation des bis jetzt gelesenen ab. Seiner Mutter, die etwas weiter entfernt saß, schien das zuerst unangenehm zu sein, doch nachdem ich ihr freundlich zunickte und sie merkte, dass es mich nicht störte, war sie dann auch entspannt. Der Junge erzählte mir dann noch, dass er auf dem Weg nach Pjatigorsk in Russland zu seiner Großmutter sei, wo er die Ferien verbringen werde.

Ich fand es einfach schön und mutig, wie unbefangen er mich angesprochen hat und was er für einen offenen Blick auf die Welt hatte. Anders als man vermuten könnte, kam er nicht altklug rüber. An der ersten Reaktion seiner Mutter merkte man aber, dass er mit seiner ungewöhnlichen Art sicherlich öfter aneckt. Und ich wünsche mir für ihn, dass er sich davon nicht entmutigen lässt und sich treu bleibt.

Übrigens, es gibt auch eine kostenlose Kindle Ausgabe von „Jugend ohne Gott“. Ich habe sie mir schon heruntergeladen.

Bild: Von Anonym – Dieter Hildebrandt: Ödön von Horváth. Reinbek: Rowohlt 1975. S. 25., CC BY-SA 3.0, Link