10 Fakten zum 23. März

  1. Heute ist der Welttag der Meteorologie, der von der WMO (World Meteorological Organization) ausgerichtet wird, der auch Weltwettertag genannt wird. Erinnert wird an die Gründung der Wetterorganisation im Jahre 1950.
    Pakistan begeht heute in Erinnerung an die 1956 erfolgte Unterzeichnung der Lahore-Resolution, in der ein eigener Staat für die Muslime Britisch-Indiens gefordert wurde, den „Tag der Republik“.
    Seit dem Mittelalter ist die Polnisch-Ungarische Freundschaft sehr eng, wie sich in dem Sprichwort „Pole und Ungar, zwei Brüderlein. Gemeinsam im Kampf und beim Trinken von Wein.“ manifestiert. 2007 fassten die Parlamente der beiden Staaten den Beschluss, diese Freundschaft am heutigen Tage zu feiern.
    Rebekka und Otto haben heute Namenstag.
  2. Im Jahre 625 besiegen Arabische Stämme die Muslime unter Mohammed in der Schlacht von Uhud. Sie lassen dann jedoch die Chance ungenutzt, Mohammed zu töten, das geschwächte Medina einzunehmen und damit der Geschichte einen ganz anderen Lauf zu geben.
  3. Der Rechtsanwalt Patrick Henry hält 1775 die Rede „Give me Liberty, or give me Death“ und sorgt damit die Unterstützung Virginias in der Vorbereitung des Amerikanischen Unabhängigkeitskriegs.
  4. „O.K.“ wird am 23. März 1839 in der „Boston Morning Post“ zum ersten mal nachweislich gedruckt verwendet. Es steht damals wie heute für „all correct“.
  5. Der Reichstag beschließt heute im Jahre 1933 in der Kroll-Oper das sog. „Ermächtigungsgesetz„, mit der er sich selbst entmachtet und faktisch die Weimarer Verfassung beendet. Es ist einer der wichtigsten Schritte zur Errichtung des „Dritten Reichs“. Der SPD Abgeordnete Otto Wels warnt in seiner flammenden Rede: „Wir deutschen Sozialdemokraten bekennen uns in dieser geschichtlichen Stunde feierlich zu den Grundsätzen der Menschlichkeit und der Gerechtigkeit, der Freiheit und des Sozialismus. Kein Ermächtigungsgesetz gibt Ihnen die Macht, Ideen, die ewig und unzerstörbar sind, zu vernichten.“ Doch letztlich wird nur die SPD gegen das Gesetz stimmen. Die beiden bürgerlichen Parteien „Zentrum“ und „BVP“ hätten mit ihren Gegenstimmen das Ermächtigungsgesetz verhindern können und verpassen die historische Chance, die mörderische und menschenverachtende Diktatur zu verhindern. Am 24. März tritt es dann in Kraft.
  6. Gemini 3  startet 1965, die erste bemannte Mission im Rahmen des US-amerikanischen Gemini-Programms mit den Astronauten Gus Grissom und John Watts Young.
  7. 1998 wird bei der Oscarverleihung James Camerons „Titanic“ mit Leonardo DiCaprio und Kate Winslet in den Hauptrollen mit elf Academy Awards ausgezeichnet, darunter der „Oscar“ für den besten Film.
  8. Nach über 15 Jahren in der Erdumlaufbahn verglüht die russische Raumstation Mir 2001 gezielt über dem Pazifik.
  9. Wernher von Braun, Raketenforscher, kommt 1912 auf die Welt.
  10. Der amerikanische Virologe Robert Gallo, der maßgeblich an der der Entdeckung des HI Virus beteiligt war, wird 1937 geboren.

10 Fakten zum 18. März

  1. Heute ist der vorwiegend von linken Gruppierungen begangene „Bundesweite Aktionstag für die Freiheit der politischen Gefangenen und gegen Repression“. Mit Aktionen wird auf das Schicksal politischer Gefangener in aller Welt aufmerksam gemacht.
    Aruba feiert heute seinen Nationalfeiertag.
    Die Türkei gedenkt heute ihrer Gefallenen.
    Eduard hat heute Namenstag.
  2. Blaise Pascal gründet 1662 in Paris das Pferdedroschkenunternehmen „Les carrosses à cinq sols“ – ein Meilenweit für den Beginn des organisierten Personennahverkehrs weltweit.
  3. 1793 erklärt der am Vortag zusammengetretene demokratisch gewählte „Rheinisch-Deutsche Nationalkonvent“ die „Mainzer Republik“ für unabhängig. Es ist die erste Republik auf deutschem Boden.
  4. 1895 ist ein weiterer Meilenstein für den Personenverkehr: Die Netphener Omnibusgesellschaft, nimmt zwischen Deuz und Siegen ihren Betrieb mit dem ersten benzingetriebenen Omnibus auf. Dieser wurde von Carl Benz gebaut.
  5. Der Kosmonaut Alexei Archipowitsch Leonow unternimmt 1965 als erster Mensch einen Weltraumausflug.
  6. 1990 ist an diesem Tag die erste und einzige freie Volkskammerwahl in der DDR. Joachim Gauck wird für das Bündnis 90 in die Volkskammer gewählt. Bei einer Wahlbeteiligung von 93,4% erreichen:
    CDU: 40,8%
    SPD: 21,9%
    PDS: 16,4%
    DSU: 6,3%
    BFD: 5,3%
    Bündnis 90: 2,9%
    DBD: 2,2%
    Grüne/UFV: 2,0%
    DA: 0,9%
    NDPD: 0,4%
    DFD: 0,3%
    AVL: 0,2%
  7. Und genau 22 Jahre nach dieser Wahl wird Joachim Gauck im Jahr 2012 von der Bundesversammlung in Berlin zum Bundespräsidenten gewählt.
  8. Im Jahr 2016 sterben an diesem Tag Guido Westerwelle und Lothar Späth.
  9. Friedrich Hebbel wird 1813 geboren.
  10. Gustav Peichl kommt 1928 auf die Welt. Er ist Autor, Karikaturist und Architekt. So hat er die Bundeskunsthalle in Bonn gestaltet.

Hier sind weitere Infos rund um den 18. März.

10 Fakten zum 24. Januar

  1. Am heutigen 24. Januar verkündet der Papst jeweils seine Botschaft für den „Welttag der sozialen Kommunikationsmittel“, der dann am ersten Sonntag nach Pfingsten begangen wird. Der Tag wurde 1963 eingeführt, um Kirche und moderne Massenmedien enger zu verbinden. Der heutige Termin für die Veröffentlichung der Botschaft wurde auf den Namenstag von Franz von Sales gelegt, der der Schutzpatron der Journalisten ist.
    Vera, Milena, Arno und Franz haben heute Namenstag.
  2. Das erste Dosenbier kommt 1935 in den USA in den Handel.
  3. Im bereits von den Alliierten befreiten Aachen erscheint mit den Aachener Nachrichten am heutigen Tag im Jahr 1945 die erste deutsche Nachkriegszeitung, obwohl der zweite Weltkrieg noch nicht zu Ende ist.
  4. 1950 beschließt das Politbüro der SED die Gründung des Ministeriums für Staatssicherheit in der DDR.
  5. 1962 von der Volkskammer die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in der DDR beschlossen und am gleichen Tag gelingt 28 Menschen die Flucht durch einen Tunnel von Ost- nach West-Berlin.
  6. Steve Jobs stellt 1984 den ersten Mac, den Macintosh 128, vor. Der Computer wird angetrieben von einer Motorola 68000 CPU mit 8MHz, hat 128 KB RAM und ein 3,5″ Diskettenlaufwerk mit 400 KB Kapazität. Der monochrome 9″ Monitor und das System bilden eine Einheit. Betriebssystem ist das „System“, später Mac OS genannt, das schon mit der Maus bedient wird und über Drag and Drop, Undo, Papierkorb und andere moderne UI-Elemente verfügt. In den USA liegt der Einführungspreis bei 2.495 US$, in Deutschland bei rund 10.000 DM.
  7. 1986 fliegt die Raumsonde Voyager 2 am Uranus vorbei und entdeckt dabei zwei weitere Ringe des Planeten.
  8. Der Nachrichtensender N24 nimmt im Jahr 2000 seinen Sendebetrieb auf. Inzwischen heißt der Sender WeLT.
  9. Friedrich II. (Friedrich der Große) wird 1712 in Berlin geboren.
  10. Joachim Gauck kommt 1940 auf die Welt.

Hier sind mehr Infos rund um den 24. Januar.

Bild: w:User:Grm wnr – Modifications of Image:Macintosh 128k.jpg and w:Image:Macintosh 128k No Text.jpg, CC BY-SA 3.0, Link

Warum ich mich von der Politik nicht ernst genommen fühle

Ruprecht Polenz jubelt auf facebook:

Nach dem Spruch der Richter steht es Bundespräsident Joachim Gauck nun frei, den ESM-Vertrag zu unterschreiben. Nur mit seiner Signatur kann der Mechanismus in Gang gesetzt werden, den der Bundestag Ende Juni verabschiedet hatte.“ – Ein klares Urteil. Ich bin gespannt, ob alle, die hierauf Facebook von „Abschaffung der Demokratie“, „Verfassungsbruch“, „Staatsstreich“ und ähnlichem gesprochen haben, jetzt akzeptieren, dass diese ungeheurerlichen Vorwürfe keinerlei rechtliche Grundlage hatten.

Polenz erweckt den Eindruck, das Bundesverfassungsgericht habe damit einschränkungslos grünes Licht für den ESM gegeben.

Er unterschlägt dabei aber, dass das Gericht durchaus ein „ABER“ vor die Zustimmung gesetzt hat. Die Beschränkung der Haftung Deutschlands auf gut 190 Milliarden Euro und die Stärkung der Informations- und Mitwirkungsrechte des Bundestages ist nicht unerheblich. Insbesondere bleibt auch die Frage, inwieweit diese Vorbehalte völkerrechtlich verbindend gestaltet werden können – und ob es z.B. reicht, dass der Bundespräsident diese Vorbehalte abgibt oder ob dies der Bundestag tun muss. Über viele Problempunkte – Stichwort Anleihenkauf der EZB – wurde inhaltlich eigentlich noch gar nichts gesagt.

Ich fühle mich jedenfalls angesichts solcher Äußerungen von Herrn Polenz nicht ernst genommen – oder auf gut Deutsch „verarscht“.

Polenz äußert sich hier, ohne dass ihm die Urteilsbegründung vorliegt und sogar, während der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Voßkuhle noch spricht. Und auf die Einschränkungen geht Polenz erst gar nicht ein. Zudem lassen sich aus dem Urteil gewichtige Einschränkungen für weitere Rettungsmaßnahmen lesen (BVerfG, 2 BvR 1390/12 vom 12.9.2012).

Alles in allem klingt aber in Polenz‘ Statement durch: „Lasst uns nur machen, Ihr habt alle eh keine Ahnung…“. Mein Vertrauen in Volksvertreter wie Herrn Polenz wird durch solche simplifizierenden vorschnellen Lobeshymnen jedenfalls nicht gerade gestärkt.

Viel gewichtiger ist aber:

Letztlich sind Fiskalpakt, ESM und EZB-Anleihenkauf nur einzelne Schritte auf dem Weg zur Rettung des Euro. Zudem Schritte, die für sich genommen nicht ausreichend sein werden.

Schauen wir doch der Wahrheit ins Gesicht: Der Euro wird nur dann überleben, wenn die politische Integration Europas massiv vertieft wird. Und selbst dann ist m.E. fraglich, ob die Währung überleben wird, da die einzelnen Volkswirtschaften einfach zu unterschiedlich sind, wie ich in meiner Euro-Parabel dargelegt habe.

Just heute spricht Barroso davon, dass er einen EU-Staatenbund wünscht.

Das sind die Herausforderungen, von denen wir stehen. Und hier möchte ich von der Politik ernst genommen werden.

Die „Deutschland“ bleibt deutsch

Wie man gerüchteweise hört, wird die aus dem ZDF Traumschiff bekannte MS-Deutschland nun doch unter deutscher Flagge bleiben und nicht nach Malta ausgeflaggt. Die entsprechenden Pläne, die vom vom neuen Deilmann Inhaber Aurelius AG (einer deutschen Industrieholding) ausgingen, sind verschiedenen Medienberichten zufolge wohl zurückgezogen worden.

Die geplante Ausflaggung des Kreuzfahrtschiffs hatte nicht nur für viel Aufregung bei den Boulevard-Medien gesorgt, sondern am Ende sogar Bundespräsident Joachim Gauck auf den Plan gerufen.

Was sich jetzt wie ein reines Sommerloch-Thema anhört, hat einen durchaus ernsten Hintergrund: Die „Deutschland“ ist das letzte Kreuzfahrtschiff, das noch unter deutscher Flagge fährt. Und eine Ausflaggung hätte nicht nur rein symbolischen Charakter, sondern gerade für die Angestellten auf dem Schiff recht negative Folgen gehabt, denn die Ausflaggungen hätte es der Reederei Deilmann ermöglicht, Besatzungen zu anderen als den in Deutschland geltenden Tarif- und Sozialbestimmungen anzuheuern.

Letztlich aber hat jetzt die massive negative Presse hat jetzt jedoch zum Umdenken geführt – ein mehr als nur symbolischer Schritt gegen den Globalisierungstrend.

Dokumentiert: Joachims Gaucks Dankesworte an die Bundesversammlung

Diese Rede hielt Joachim Gauck am 18. März 2012 nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten.

Was für ein schöner Sonntag!

Es war der 18. März, heute vor genau 22 Jahren, und wir hatten gewählt. Wir, das waren Millionen Ostdeutsche, die nach 56-jähriger Herrschaft von Diktatoren endlich Bürger sein durften.
Zum ersten Mal in meinem Leben, im Alter von 50 Jahren, durfte ich in freier, gleicher und geheimer Wahl bestimmen, wer künftig regieren solle. Die Menschen, die damals zur Wahl strömten, lebten noch im Nachhall der friedlichen Revolution, als wir das Volk waren und dann die Mauern fielen.
Ich selber hatte als Sprecher des Neuen Forums in Rostock daran mitwirken dürfen. Wir waren schon frei von Unterdrückung. Jetzt schickten wir uns an, Freiheit zu etwas und für etwas zu erlernen. Nie werde ich diese Wahl vergessen, niemals, weder die über 90 Prozent Wahlbeteiligung noch meine eigene innere Bewegung. Ich wusste: Diese meine Heimatstadt und dieses graue, gedemütigte Land, wir würden jetzt Europa sein. In jenem Moment war da neben der Freude ein sicheres Wissen in mir: Ich werde niemals, niemals eine Wahl versäumen.
Ich hatte einfach zu lange auf das Glück der Mitwirkung warten müssen, als dass ich die Ohnmacht der Untertanen je vergessen könnte.
„Ich wünschte, ein Bürger zu sein. Nichts weiter. Aber auch nichts weniger als das.“ So hatte ein deutscher Demokratielehrer – es war Dolf Sternberger – seine politische Haltung einmal definiert.
Ich habe am 18. März 1990 genau denselben Wunsch gespürt. Ich habe damals gefühlsmäßig bejaht, was ich mir erst später theoretisch erarbeitet habe: dass aus dem Glück der Befreiung die Pflicht, aber auch das Glück der Verantwortung erwachsen muss und dass wir Freiheit in der Tiefe erst verstehen, wenn wir ebendies bejaht und ins Leben umgesetzt haben.
Heute nun haben Sie, die Wahlfrauen und -männer, einen Präsidenten gewählt, der sich selbst nicht denken kann ohne diese Freiheit und der sich sein Land nicht vorstellen mag und kann ohne die Praxis der Verantwortung. Ich nehme diesen Auftrag an: mit der unendlichen Dankbarkeit einer Person, die nach den langen Irrwegen durch politische Wüsten des 20. Jahrhunderts endlich und unerwartet Heimat wiedergefunden hat und die in den letzten 20 Jahren das Glück der Mitgestaltung einer demokratischen Gesellschaft erfahren durfte. Deshalb: Was für ein schöner Sonntag dieser 18. März auch für mich!
Ermutigend und beglückend ist es für mich auch, zu sehen, wie viele im Land sich in der letzten Zeit eingebracht haben und mich ermutigt haben, diese Kandidatur anzunehmen. Es sind Menschen ganz unterschiedlicher Generationen und Professionen; Menschen, die schon lange, und Menschen, die erst seit kurzem in diesem Land leben. Das gibt mir Hoffnung auf eine Annäherung zwischen den Regierenden und der Bevölkerung, an der ich nach meinen Möglichkeiten unbedingt mitwirken werde.
Ganz sicher werde ich nicht alle Erwartungen, die an meine Person und an meine Präsidentschaft gerichtet wurden, erfüllen können. Aber eins kann ich versprechen: dass ich mit all meinen Kräften und mit meinem Herzen Ja sage zu der Verantwortung, die Sie mir heute übertragen haben; denn was ich als Bürger anderen Menschen als Pflicht und als Verheißung beschreibe, muss selbstverständlich auch Gültigkeit für mich als Bundespräsidenten haben. Das heißt auch, dass ich mich neu auf Themen, Probleme und Personen einlassen werde, auf eine Auseinandersetzung mit Fragen, die uns heute in Europa und in der Welt bewegen.
Ich danke Ihnen, den Mitgliedern der Bundesversammlung, für das mir entgegengebrachte Vertrauen. Sie, die Sie hier gewählt haben, sind ja nicht nur Deputierte, sondern Sie sind auch – das ist mir voll bewusst – Vertreter einer lebendigen Bürgergesellschaft. Ob wir also als Wahlbevölkerung am Fundament der Demokratie mitbauen oder ob wir als Gewählte Weg und Ziel bestimmen: Es ist unser Land, in dem wir Verantwortung übernehmen, wie es auch unser Land ist, wenn wir die Verantwortung scheuen.
Bedenken sollten wir dabei: Derjenige, der gestaltet, wie derjenige, der abseits steht, beide haben sie Kinder. Ihnen werden wir dieses Land übergeben. Es ist der Mühe wert, es unseren Kindern so anzuvertrauen, dass auch sie zu diesem Land „unser Land“ sagen können.

Die Themenschwerpunkte der bisherigen Bundespräsidenten

  1. Theodor Heuss: Vertrauen schaffen
  2. Heinrich Lübke: Humor und Afrika
  3. Gustav Heinemann: Bürgerpräsident
  4. Walter Scheel: Gesang
  5. Karl Carstens: Wandern
  6. Richard von Weizsäcker: Rede zum Tag der Befreiung
  7. Roman Herzog: Ein Ruck durch Deutschland
  8. Johannes Rau: Versöhnen statt Spalten, Skat spielen
  9. Horst Köhler: Afrika
  10. Christian Wulff: Kreditgeschäfte, Pressefreiheit, tätowierte Damen, Islam
  11. Joachim Gauck: Freiheit
  12. Frank-Walter Steinmeier: Schweigen

Warum Wulff untragbar und unerträglich ist

tl;dr: Christian Wulff hat im Interview mit ARD/ZDF gezeigt, dass er dem Amt nicht gewachsen ist. Das allein reicht für einen Rücktritt nicht aus, auch wenn dieser angemessen wäre. Sollten aber weitere Unwahrheiten herauskommen, insbesondere in Bezug auf den Anruf bei Kai Diekmann, ist ein Rücktritt unausweichlich.

Wenn ich an Bundespräsidenten zurückdenke, erinnere ich mich zunächst an Karl Carstens, der auf mich als siebenjährigen kleinen Jungen zumindest wie ein Präsident wirkte. Geprägt haben mein Präsidentenbild dann Richard von Weizsäcker und Roman Herzog, die beide für mich die herausragenden Präsidenten der Bundesrepublik sind. Doch dann begann der Abstieg. Setzte Johannes Rau mit seinen Grundsatzreden und seinen Äußerungen zur Tagespolitik immerhin noch Akzente, war dem von Merkel ausgesuchte Horst Köhler zwar moralisch unangreifbar, aber zu bieder – und letztlich für das Amt nicht geeignet, wie sein beleidigter Rücktritt zeigte.

Und dann kam Christian Wulff. Auch wenn ich Gauck nicht unbedingt für eine gute Wahl gehalten habe – er war die deutlich bessere Wahl als der Ministerpräsident aus Niedersachsen, der in meinen Augen in erster Linie nicht das intellektuelle Format für das Amt hatte und hat, der absehbar Präsident von Merkels Gnaden sein würde und ist, der zu sehr in den Tiefen des Alltagspolitikbetriebs verstrickt war und dessen Umgangs- und Freundeskreis nicht unbedingt dem entsprechen, was man von einem Bundespräsident erwarten sollte. Kurz nachdem bekannt wurde, dass Wulff Bundespräsident werden sollte meinte ein ein Geschäftsführer eines Hannoveraner Unternehmens beim Mittagessen zu mir: „Dass der sich das traut. Wenn rauskommt, mit wem der Geschäfte macht und wo der überall drinsteckt, muss er aber viel erklären.“ Vielleicht war dies Christian Wulff auch durchaus klar, als er einmal im Stern-Interview sagte, dass er das Amt des Kanzlers nicht anstrebe. Im Bund steht man nochmals unter ganz anderer Beobachtung. Und dass gute Landespolitiker eben nicht zwangsläufig gute Bundespolitiker sein müssen, haben schon andere bewiesen – wie z.B. Kurt Beck. Wulff konnte also durchaus wissen, was auf ihn zukommen könnte. Doch letztlich wird dann die Aussicht auf das prestigeträchtigste Amt des Landes verlockender gewesen sein dürfen.

Als Präsident war er bislang unauffällig. Seine Reden gehören sicher zu den flachsten, die je ein Bundespräsident gehalten hat (Lübke ist wegen seiner Krankheit entschuldigt), gespickt mit floskelhaften Plattitüden und verallgemeinernden Kalenderblatt-Weisheiten („Der Islam gehört zu Deutschland“). Aber – ich gebe es zu – wirklich gestört hat er nicht. Seine Reaktion auf die rechtsradikalen Morde ist sogar positiv hervorzuheben.

Das alles änderte sich erst, als die Kreditaffäre hochkam. Hätte Herr Wulff sich sofort nach dem Bekanntwerden des Häusle-Kredits hingestellt und in etwa gesagt:

Liebe Bundesbürger, es ist richtig, ich habe von einer befreundeten Unternehmerfamilie einen günstigen Kredit erhalten. Ich habe im Landtag von Hannover auf eine entsprechende Nachfrage zumindest missverständlich geantwortet. Diesen Kredit habe ich dann mit einem zinsgünstigen Darlehen bei der BW-Bank abgelöst, wobei ich verstehen kann, dass das jetzt zu Irritationen führt. Daher werde dieses Darlehen jetzt mit einem üblichen Immobilienkredit bei der XY Bank ablösen, zu der ich sonst keinerlei Geschäftsbeziehungen unterhalte. Als Ministerpräsident von Hannover war ich notwendigerweise mit der dortigen Wirtschaft teilweise auch freundschaftlich eng verbunden, teilweise vermutlich sogar zu eng. Dies hat aber keine Auswirkungen auf meine Amtsführung als Bundespräsident mehr. Ich werde durch meine Anwälte alle Kontakte und diesbezüglichen Unterlagen ins Internet stellen lassen und dann Ihre Fragen in einer Pressekonferenz beantworten. Die entstandene Situation tut mir leid und ich werde mich bemühen, den entstandenen Schaden durch eine untadelige Amtsführung wiedergutzumachen. Als erstes berufe ich eine Ethik-Kommission unter Leitung von Hans-Jürgen Papier ein, die Grundsätze für den Umgang zwischen Politikern und Wirtschaftsführern erarbeiten soll. Daran werde ich mich messen lassen. Zudem werde ich nach Ablauf meiner Amtszeit auf die Ruhebezüge des Bundespräsidenten verzichten. Ich danke Ihnen.

Es wäre reiner Tisch gewesen und die Affäre wäre wahrscheinlich längst ausgestanden.

Stattdessen wutentbrannte Anrufe bei der Bild-Zeitung, Zugeben nur, was eh schon offensichtlich ist, falsche Aussagen zum Zustandekommen von Verträgen, immer neue Enthüllungen über Verquickungen im Sumpf von Hannover, langes Schweigen…

Das gestrige Interview hat die Situation nur noch verschlimmert:

  1. Hat Wulff gezeigt, dass er dem Amt nicht gewachsen ist und immer noch erst hineinwachsen muss. Er ist sozusagen „Präsident in Ausbildung“ – das macht er selbst deutlich wenn er sinngemäß sagt, dass er erst ein präsidiales Verhältnis zu den Medien entwickeln muss oder wenn er darauf hinweist, dass der Sprung von Ministerpräsidenten zum Bundespräsidenten ein großer ist. Lächerlich gemacht hat er sich auch mit Aussagen wie „Menschenrechte gelten auch für Präsidenten“ oder dass angesichts der Recherchen „das ganze Dorf aufgeschreckt war“.
  2. Nach Aussagen der Bild Zeitung spricht Wulff hinsichtlich des Anrufs auf Herrn Diekmanns Anrufbeantworter die Unwahrheit, wenn er sagt, er habe nur um eine Verschiebung des Artikels um einen Tag gebeten. Hier kann an sich nur die Offenlegung des Mitschnitts durch die Bild helfen. Und am saubersten wäre es, wenn Herr Wulff dazu sein Einverständnis gäbe.
  3. Viele Fragen bleiben offen: Warum reist Gehrkens beim Ministerpräsidenten mit, wenn er doch nur ein väterlicher Freund ist? Wurde mit dem Kredit nicht doch gegen das Ministergesetz verstoßen? Wie ist das Verhältnis zu Herrn Maschmeyer? Was ist mit Eventmanager Manfred Schmidt? Was trug sich wirklich mit dem Redakteur der Welt zu? Und nicht zuletzt: bezahlt Frau Schausten wirklich 150 Euro für Übernachtungen bei Freunden?

Es bleibt also zunächst die Sache der mangelnden Eignung. Deswegen muss niemand zurücktreten, auch wenn schön wäre. Sollte er aber gegen das Ministergesetz verstoßen haben, ist ein Rücktritt nach seinem bisherigen Kurs unausweichlich. Und erst recht gilt das, sollte Wulffs Darstellung des Telefonats auf Kai Diekmanns Mailbox falsch sein. Denn dann hat er die Republik belogen.

Wenn jetzt gesagt wird, wer ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein dann antworte ich, dass ich nicht ohne Schuld bin. Die meisten seiner Kritiker sicher auch nicht. Ich bin aber auch nicht Bundespräsident und weiß, dass ich dem Amt moralisch und intellektuell nicht gewachsen wäre.

Der Amtsinhaber aber sollte ein moralischer und intellektueller Leuchtturm sein. Und das ist Christian Wulff eben nicht.