Neues von den Lieferdienstsvermittlern

Zugegeben, den Hype der um die Lieferdienstvermittler wie Lieferheld, pizza.de und Lieferando gemacht wird, habe ich nie verstanden. Ich bestelle meinen Döner, meinen Salat oder meinetwegen auch mal eine Pizza direkt beim Kurden meines Vertrauens, der bei mir in der Nähe ist. Punkt. Da brauch ich keinen Vermittler dazwischen, der dann meinen Maxi Plus Döner Spezial nicht kennt, den ich mit Pizza Castle ausgehandelt habe.

Jedenfalls wird in dem Markt mit sehr harten Bandagen gekämpft, wer die Nummer 1 ist. Vereinfacht ausgedrückt geht es darum, dass man deutlicher Marktführer in Deutschland wird und dann von JustEat übernommen wird. Die Gründer und VCs machen dann ihren millionenschweren Exit.

Um schneller zum Ziel zu kommen, hat Lieferheld in den Anfangszeiten anscheinend die Datenbank von pizza.de zumindest teilweise kopiert, weswegen das AG Berlin auf Antrag der Berliner Staatsanwaltschaft gegen die Lieferheld Köpfe Nikita Fahrenholz, Caroline Iselor, Louis Pfitzner, Markus Fuhrmann, Angelo Laub, Claude Ritter und Fabian Siegel wegen des „gemeinschaftlich begangenen Vergehens der gewerbsmäßigen unbefugten Verwertung einer Datenbank“ Strafbefehle über jeweils 90 Tagessätze erlassen hat, die wohl auch akzeptiert wurden. So berichtet es deutsche-startups.de in seinem Artikel „Lieferheld ganz unheldenhaft: Strafbefehl gegen Führungsteam erlassen„.

Richtig spannend machen den Artikel die Kommentare, die sich dazu inzwischen angesammelt haben, die tiefe Einblicke in die von mir ohnehin sehr kritsch bewertete Berliner Startup-Szene geben. Ein paar Stichworte und Sätze aus der Diskussion?

  • …dünnflattrige Heißluftgepumpe…
  • Wie können Investoren so dämlich sein und so viel Geld in so ein Unternehmen stecken?
  • …ob sich L.G. die Pulsadern aufgetröselt hat…
  • …Den Lukasz und die übrigen von KlauTev holen sich die Russen wenn die Ihre Kohle verlieren sollten danach sieht es ja gerade aus. Die nehmen Ihre Investments sehr persönlich…
  • „Wann sehen wir endlich Samwer im Knast? Wann Holtzbrinck?“

Es hat sich jedenfalls eine ziemliche – oft ins persönliche gehende – Schlammschlacht entwickelt, die ich in dieser Form für unschön halte – auch wenn das Team von Lieferheld unstreitig den Anlass liefert und anscheinend auch genug Angriffsfläche bietet.

Interessant ist auch der später erschienene Artikel bei Gründerszene („Was steckt hinter dem Strafbefehl gegen Lieferheld„), der sich dann eher unkritisch liest…

Gespannt darf man weiter sein, ob und wie sich der Vorfall auf die weitere Entwicklung von Lieferheld, die Branche und die (Berliner) Startup Szene an sich auswirkt.

Updates

4.1.2013 – So langsam gewinnt das Thema an Fahrt, so berichtet auch T3N über den Start-Up Krach und hat mit Ehssan Dariani, einem der Gründer von StudiVZ, Kontakt aufgenommen, der 25.000 EUR Belohnung für den Nachweis dunkler Machenschaften in der Szene ausgesetzt hat.

Was bei Amen schief läuft

Ich kam recht früh in den Genuß, das Berliner Hype-Startup Amen testen zu dürfen und ich fand es wie viele andere Tester „very addictive“ und „besser als Porno„; eine genaue Beschreibung des Dienstes gibt es z.B. bei Gründerszene. Die Erstellung von Listen liegt mir eben, wie man an meinen 10 Fakten erkennen kann.

Und bei einem Dienst wie Amen erwarte ich, dass hier durch die Crowd Listen entstehen, die mir auch einen Mehrwert bieten. „Figlmüller is the Best Place for Wiener Schnitzel Ever. Amen.“ – „Hell No – Einstein is the Best Place for Wiener Schnitzel Ever.“ – und so könnten dann zu allen möglichen Personen, Plätzen und insbesonderen Dingen (2012 epische Kämpfe zwischen Apples iPhone 5 und Samsungs „Nexus Fruitcrunch“) Listen entstehen, die der Marktforschung im allgemeinen und der persönlichen Meinungsbildung im besonderen helfen können.

Ansatzweise ist das auf Amen auch so. Probleme wie die, dass gleichgemeinte Einträge in Listen nicht zusammengeführt werden („Steve Jobs is the Best CEO Ever“, „steve jobs is the best CEO Ever.“) oder dass es keine vernünftige Suchfunktion gibt, sind angesichts des frühen Stadiums des Projekts noch verzeihbar. Auch die Apple-Fixiertheit nervt – es ist einfach für ein StartUp mit diesem Anspruch nicht mehr zeitgemäß, nur mit einer iOS App zu starten. Schwamm drüber, ich kann es ja im Web nutzen und irgendwann kommen Android und vielleicht auch WP7. Dass CEO Felix Petersen anfänglich SEHR viel Hype um Amen entfachte, geht auch noch in Ordnung, gehört doch Klappern zum Handwerk – und die daraufhin erfolgte massive Berichterstattung spricht ja für sich und ihn.

Inzwischen übertreibt er es aber. Er nennt sich selbst CEA (Chief Executive Amener), lädt zu Treffen der AA (Amenites Anonymous) ein, findet „Amen is clearly a political movement“ oder macht sich Aussagen wie diese zu eigen: „Wer oder was ist eigentlich Hamburg, München, Köln oder wer auch immer?! Es kann festgehalten werden, dass sie alle am Ende vor der Hauptstadt niedergeknien“. Für mich zu viel.

Und auch was er so auf Amen mitteilt, trägt imho nicht zur Qualitätssteigerung der Plattform bei:

  • Cleaning your ear with a Q-tip is the Best cleaning satisfaction Ever.
  • Chill The Fuck Out and Move the Fuck On is the Best Advice I Have For That Gründerszene.de Clown Right Now
  • Will the Dentist Flip out Because I Was Supposed to Have my Wisdom Teeth Removed A Year Ago is the Best Question To Ask At This Point!
  • Sending Someone Else to Say You Killed Yourself is the Best Tactic To Get Out Of Late Rental Fees and Keep The Movie
  • A Cat is the Worst Naked Being Ever

Klar, er „amened“ auch viel sinnvolles – „Ishin Sushi is the Best Place for Sushi in Mitte“ – aber ein schaler Beigeschmack bleibt, treibt doch der CEO mit den vielen Fun-Beiträgen Amen in eine Ecke, in die es nicht gehört – und in der es kommerziell nur schwerlich erfolgreich sein wird.

Übrigens, das ganze erinnert mich fatal an Ehssan Dariani und sein Verhalten auf und um das von ihm mitgegründete StudiVZ. Und was aus ihm und aus StudiVZ geworden ist, wissen wir ja.

Ich habe zudem den Eindruck, dass all dies schon Folgen hat. So beobachtet Marcel Weiss, dass 90% der Beiträge in seinem Amen-Stream von Felix Petersen stammen. Hier sein lesenswerter Blogbeitrag Amen? dazu.

So hoffe ich, dass Petersen das Ruder noch herumreißt und aus Amen das macht, was es werden könnte. Und wir nicht bald schreiben müssen:

RIP. Amen.

Update zur aktuellen Entwicklung von Amen: