Meinung: Warum Joschka Fischer ein guter Bundespräsident wäre

Ich vertrete schon lange die Auffassung, dass Joschka Fischer ein guter Bundespräsident wäre – und werde dann immer wieder gefragt, wie ich zu dieser Einschätzung komme, Hier möchte ich sie einmal ein wenig ausführlicher begründen:

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Meinung: Wie man das Amt des Bundespräsidenten stärken könnte

Das Amt des Bundespräsidenten ist – obwohl formell das höchste im Verfassungsgefüge der Bundesrepublik – in Deutschland eher schwach ausgestaltet. Die schlechten Erfahrungen mit dem starken „Ersatzkaiser“ in der Weimarer Republik, der so letztlich den Weg ins Dritte Reich zumindest vereinfachte, wenn nicht gar erst ermöglichte, waren für die Mütter und Väter des Grundgesetzes hier entscheidend.

Nun ist die bundesrepublikanische Demokratie einerseits gestärkt, andererseits entzündet sich immer wieder Kritik am Bundespräsidenten, der in seiner Rolle als Staatsnotar und Repräsentant zu schwach und gerade hinsichtlich seiner Wahl ein Spielball der Parteien sei.

Um die Akzeptanz und die integrative Rolle des Amtes zu stärken, wäre eine Direktwahl und eine behutsame Ausweitung seiner Kompetenzen angezeigt. „Meinung: Wie man das Amt des Bundespräsidenten stärken könnte“ weiterlesen

§ 90 StGB – Verunglimpfung des Bundespräsidenten

§ 90 – Verunglimpfung des Bundespräsidenten

(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) den Bundespräsidenten verunglimpft, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) In minder schweren Fällen kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2), wenn nicht die Voraussetzungen des § 188 erfüllt sind.
(3) Die Strafe ist Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, wenn die Tat eine Verleumdung (§ 187) ist oder wenn der Täter sich durch die Tat absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze einsetzt.
(4) Die Tat wird nur mit Ermächtigung des Bundespräsidenten verfolgt.

 

Die Vorschrift findet sich im Besonderen Teil des StGB, im 1. Abschnitt (Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates) und dort im 3. Titel (Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates).

Die spezielle Regelung kann man zwar einerseits als Ausdruck des wehrhaften Rechtsstaats sehen, andererseits aber auch als Relikt, das eher an die Zeiten der Majestätenbeleidigung erinnert.

10 Fakten über die Vertretung des Bundespräsidenten – Artikel 57 Grundgesetz

  1. Artikel 57 Grundgesetz lautet:
    Die Befugnisse des Bundespräsidenten werden im Falle seiner Verhinderung oder bei vorzeitiger Erledigung des Amtes durch den Präsidenten des Bundesrates wahrgenommen.
  2. Die Weimarer Reichsverfassung enthielt in Art. 51 eine etwas andere angelegte Regelung. Seit der Änderung im Jahr 1932 war der Präsident des Reichsgerichts der Vertreter, vorher der Reichskanzler.
  3. Der Regelfall ist die Verhinderung des Bundespräsidenten, z.B. durch tatsächliche Gründe wie Krankheit, Entführung, Geiselnahme, Urlaub, Kur oder rechtliche Gründe, z.B. eine Anordnung des Bundesverfassungsgerichts im Falle einer Klage.
  4. Bei der vorzeitigen Erledigung ist an Amtsverzicht oder Tod des Bundespräsidenten zu denken. Gleiches gilt bei Wegfall der Wählbarkeitsvoraussetzungen oder wenn das Amt endet, ohne dass ein Nachfolger gewählt wurde.
  5. Unproblematisch ist der Vertretungsfall, wenn dieser vorhersehbar ist und der Bundespräsident diesen planen kann – oder wenn das Bundesverfassungsgericht diesen anordnet. In anderen Fällen – z.B. unangekündigtes Abtauchen des Bundespräsidenten, weil er keine Lust mehr hat – werden sich die anderen Bundesorgane wohl absprechen müssen, ob und inwieweit der Präsident verhindert ist. Letztlich und im Zweifel wird de
  6. Fraglich ist, ob die Regelung z.B. auch bei Terminkollisionen gilt. Dies wird in der Rechtswissenschaft kontrovers diskutiert, doch wird man dem Bundespräsidenten im Einzelfall zugestehen dürfen, den Bundesratspräsidenten mit seiner Vertretung zu betrauen.
  7. Eine grundsätzliche Obergrenze für die Dauer der Vertretung ergibt sich aus dem Grundgesetz nicht. Im Fall der Erledigung muss freilich innerhalb 30 Tagen eine Neuwahl erfolgen.
  8. Eine Vereidigung des Stellvertreters ist nicht vorgesehen. Auch die Unvereinbarkeitsvoraussetzungen des Artikel 55 GG gelten für ihn nicht. Er hat die Funktion eben durch sein Amt inne.
  9. Über den Umfang der Vertretung schweigt das Grundgesetz. Es ist davon auszugehen, dass der Vertreter diesbezüglich keinen Einschränkungen unterliegt.
  10. In der staatsrechtlichen Praxis hat sich die Regelung bewährt. Änderungen werden nicht ernsthaft diskutiert.

10 Fakten über die Eidesformel des Bundespräsidenten – Artikel 56 Grundgesetz

  1. Artikel 56 Grundgesetz lautet:
    Der Bundespräsident leistet bei seinem Amtsantritt vor den versammelten Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates folgenden Eid:

    „Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.“

    Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung geleistet werden.

  2. Die Weimarer Reichsverfassung kannte mit Artikel 42 eine entsprechende Regelung. Im Gegensatz zum Grundgesetz war die religiöse Beteuerung dort die Ausnahme und nicht der Regelfall.
  3. Die Vereidigung muss bei Amtsantritt erfolgen, der nicht mit dem automatischen Amtsbeginn identisch sein muss. Im Regelfall erfolgt die Vereidigung am gleichen Tag.
  4. Dass die Vereidigung vor den Mitgliedern von Bundestag und Bundesrat erfolgt, unterstreicht nochmals den föderalen Charakter der Bundesrepublik. Da die Mitglieder keinen Beschluss fassen, müssen sie nicht vollständig sein oder eine bestimmte Anwesenheitsquote erfüllen.
  5. Der Eid hat eine symbolische politische Bedeutung, eine Anklage des Bundespräsidenten wegen „Meineid“ (§ 154 StGB), „Eidbruchs“ o.ä. ist nicht möglich.
  6. Der Artikel begründet keine besonderen Rechte des Bundespräsidenten. Er muss vielmehr die Verfassung im Rahmen seiner vorgegebenen Kompetenzen wahren.
  7. Diskutieren könnte man, ob aus dem darüber hinausgehenden Auftrag, sie zu „verteidigen“ besondere Kompetenzen des Bundespräsidenten in einer ernsten Staats- oder Verfassungskrise herleitbar wären. Diese könnten freilich nur dazu führen, dass wieder die vom Grundgesetz vorgesehene verfassungsmäßige Ordnung wiederhergestellt wird.
  8. Bei der Wiederwahl des amtierenden Bundespräsidenten wird nach gängiger Staatspraxis in Deutschland auf eine erneute Vereidigung verzichtet, was aber verschiedentlich in der Rechtslehre kritisiert wird.
  9. Sollte sich ein Bundespräsident weigern, den Eid abzulegen, würde dies nicht automatisch dazu führen, dass er aus dem Amt ausscheidet. Vielmehr müsste eine Präsidentenanklage vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgen. Zu diesem Fall ist es bisher – natürlich – noch nie gekommen.
  10. Hinsichtlich einer möglichen Reform des Artikels 56 GG wird gelegentlich vorgeschlagen, „ich schwöre“ gegen „ich gelobe“ auszutauschen und die religiöse Formel zum Ausnahmefall zu machen.

10 Fakten zu den Unvereinbarkeiten des Amts des Bundespräsidenten – Artikel 55 Grundgesetz

  1. Artikel 55 Grundgesetz lautet:
    (1) Der Bundespräsident darf weder der Regierung noch einer gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines Landes angehören.
    (2) Der Bundespräsident darf kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung noch dem Aufsichtsrate eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören.
  2. Die Weimarer Verfassung kannte mit Artikel 44 eine nicht ganz so weitgehende Vorschrift. Nach dieser durfte der Reichspräsident lediglich nicht Mitglied des Reichstags sein.
  3. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass der Bundespräsident politisch und wirtschaftlich unabhängig ist.
  4. Politische Ämter darf der Bundespräsident gar nicht mehr innehaben, es reicht also nicht, diese nur ruhen zu lassen. Immerhin könnte der (zukünftige) Bundespräsident Mitglied der Bundesversammlung sein und sich selbst wählen, da dies ja keine gesetzgebende Körperschaft ist. Unbestritten ist dies für die erste Wahl, eine Teilnahme eines amtierenden Bundespräsidenten wird zwar nicht unbedingt juristisch ausgeschlossen, politisch aber zumindest für unanständig gehalten.
  5. Parteimitgliedschaften sind übrigens nicht ausgeschlossen, es hat sich aber in der Praxis eingebürgert, dass ein amtierender Bundespräsident seine Parteimitgliedschaft zumindest ruhen lässt.
  6. Berufe muss der Präsident ruhen lassen, aus Aufsichtsräten muss er wie aus politischen Ämtern ausscheiden.
  7. Umstritten ist tatsächlich, ab wann die Unvereinbarkeiten greifen: Bereits vor der Wahl, für den gewählten aber noch nicht vereidigten Designatus oder erst für den vereidigten Bundespräsidenten? Der Wortlaut des Art. 55 ist insoweit klar, dass dies erst für den vereidigten Bundespräsidenten gilt.
  8. Problematisch war die Vorschrift bislang bei Christian Wulff, der nicht nur zum Zeitpunkt seiner Wahl noch Ministerpräsident war, sondern sogar noch während und nach seiner Vereidigung noch für einige Tage Mitglied des VW-Aufsichtsrats. Das passt aber ins Bild: „Hierüber hinaus handelt es sich bei einem Rückzug bereits des designierten Präsidenten von Ämtern und erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten um eine Frage des Stils“.
    (v. Münch/Kunig/v. Arnauld, 6. Aufl. 2012, GG Art. 55 Rn. 5).
  9. Offen läßt Artikel, was die genauen Folgen eines Verstoßes sind. Geahndet werden können diese wohl nur im Wege der Präsidentenanklage nach Artikel 61 GG.
  10. Letztlich hat sich die Regelung bewährt. Fraglich ist allenfalls, ob sie bei einer Verfassungsreform weiter gefasst, z.B. auch auf Ehrenämter ausgedehnt werden sollte.

Dokumentiert: Dankesrede von Johannes Rau nach der Wahl zum Bundespräsidenten vor der Bundesversammlung

Diese Rede hielt Johannes Rau nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten am 23. Mai 1999 vor der Bundesversammlung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich danke ganz herzlich allen, die mich gewählt haben, und bekunde denen meinen Respekt, die sich für die Mitbewerberinnen entschieden haben, denen ich meinen Respekt nicht versage. In diesen Tagen habe ich gelegentlich gesagt: An dem Wort Familienbande ist viel Wahres dran.

Aber ich sage jetzt: Es ist für mich nicht nur eine selbstverständliche Pflicht, sondern auch eine persönliche Verpflichtung, von dem Tag an, an dem ich das Amt des Bundespräsidenten wahrnehme, über alle Grenzen und über alle Unterschiede hinweg der Bundespräsident aller Deutschen zu sein und der Ansprechpartner für alle Menschen, die ohne einen deutschen Paß bei uns leben und arbeiten.

Am 9. November – der Herr Bundestagspräsident hat heute morgen daran erinnert – denken wir an den Tag vor zehn Jahren, an dem die Mauer gefallen ist. Wir werden uns wir müssen uns daran erinnern, daß wir das denen zu verdanken haben, die sich mit Kerzen, Demonstrationen, Liedern und Gebeten von einem System freigemacht haben, in dem sie nicht mehr leben wollten. Aber wir dürfen nicht vergessen: Daß ihnen das gelungen ist, das haben wir Menschen in Warschau, in Prag, in Budapest und in vielen anderen Ländern zu verdanken, ohne die die deutsche Bürgerrechtsbewegung ihren Erfolg nicht hätte haben können.

Wir wollen daran erinnern und wir wollen daraus lernen, daß die deutsche Einheit und der europäische Einigungsprozeß zwei Seiten einer Medaille sind. Es ist in unserem eigenen und im europäischen Interesse, daß wir unsere Anstrengungen fortsetzen, damit die Menschen in allen 16 Ländern der Bundesrepublik gleiche Lebenschancen haben.

Heute vor 50 Jahren – morgen werden wir in einer besonderen Veranstaltung daran denken – ist das Grundgesetz in Kraft getreten. Ich wünsche mir, daß wir uns, bei allen Kontroversen über einzelne Sachfragen und bei allem politischen Streit, den es gibt und geben muß und immer geben wird, immer wieder neu darauf besinnen, daß wir in unserer Verfassung Etliches unaufgebbar festgeschrieben haben: daß die Würde des Menschen unantastbar ist – da steht nicht: die Würde der Deutschen, sondern da steht: die Würde des Menschen -, daß Frauen und Männer gleiche Chancen und gleiche Rechte haben sollen, daß das private Eigentum zugleich dem Allgemeinwohl dienen soll.

Es hat – auch unter uns – eine lange Diskussion gegeben: über das Grundgesetz und seine Chancen, über das Verhältnis von Vaterlandsliebe, Patriotismus und Nationalismus. Ich glaube, daß Nationalismus und Separatismus Geschwister sind. Ich will nie ein Nationalist sein, aber ein Patriot wohl. Ein Patriot ist jemand, der sein Vaterland liebt, ein Nationalist ist jemand, der die Vaterländer der anderen verachtet. Wir aber wollen ein Volk der guten Nachbarn sein, in Europa und in der Welt.

Wir leben in einem Zustand des Krieges, der durch Menschenrechtsverletzungen und durch schreckliche Verfolgung hervorgerufen worden ist. Ich hoffe und wünsche, daß dieser Krieg nicht lange dauern muß, und ich hoffe, daß dann, wenn ich mein Amt antrete, die diplomatischen Bemühungen – denen ich, Herr Bundeskanzler, mit ganzem Herzen zustimme – Erfolg gehabt haben, damit möglichst schnell Friede ist und Friede sein kann in Deutschland und in Europa.

Ich danke allen herzlich, die mir ihr Vertrauen gegeben haben, und ich bitte alle, ob sie mich gewählt haben oder nicht: Nehmen Sie mich so an, wie ich bin. Haben Sie Geduld mit meinen Schwächen, und suchen Sie ein bißchen mit nach meinen Stärken.
So sage ich: Ich grüße alle Deutschen, ich grüße unsere Nachbarn, und ich grüße unsere Freunde überall in der Welt.

Dokumentiert: Christian Wulffs Dankesworte an die Bundesversammlung nach der Wahl zum Bundespräsidenten

Diese Rede hielt Christian Wulff am 30. Juni 2010 nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten durch die 14. Bundesversammlung.

Seine Wahl sollte sich erwartungsgemäß zu einer der größten – wenn nicht der größten – politischen Fehlentscheidungen der bundesdeutschen Geschichte herausstellen.

Hochverehrte, sehr geehrte Damen und Herren und Mitglieder der 14. Bundesversammlung!

Ich möchte mich zuerst einmal für das entgegengebrachte Vertrauen ausdrücklich und von Herzen bedanken. Ich denke, das ist eine Abstimmung in freier und geheimer Wahl gewesen, wie es in den letzten Wochen zu Recht von vielen Seiten immer wieder eingefordert wurde und wie es auch heute Morgen der Präsident des Deutschen Bundestages zu Recht, denke ich, hervorgehoben hat, dass jede Wahlfrau und jeder Wahlmann hier in dieser Bundesversammlung völlig frei war und nach eigenem Gewissen in der Wahlkabine zu entscheiden hatte. Ich freue mich darüber, dass ich am Ende im dritten Wahlgang mit absoluter Mehrheit von der Bundesversammlung zum Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt worden bin.
All denen, die eine andere Wahlentscheidung getroffen haben, bekunde ich selbstverständlich meinen Respekt. Ich bin überzeugt, dass es auch mit Ihnen zu einer gedeihlichen Zusammenarbeit kommen wird. Ich jedenfalls werde mich sehr bemühen, auch vielen Ihrer Erwartungen gerecht zu werden. Danken möchte ich vor allem dafür, dass wir einen in jeder Hinsicht, in jeder Phase sehr fairen Wettbewerb um
das Amt des Bundespräsidenten erlebt haben. Deshalb danke ich vor allem Joachim Gauck für diesen fairen Wettstreit, wie wir ihn erlebt haben. Ich habe Sie noch mehr schätzen gelernt und freue mich darüber, dass Ihr Wort weit über Deutschland hinaus auch weiterhin großes Gewicht haben wird. Herzlichen Dank dafür!
Eines der wesentlichen Wesenselemente von Demokratie ist, dass man auswählen kann, dass man gewinnen kann und dass man verlieren kann. Ich will es jetzt nicht übertreiben – Sie wollen alle noch nach Hause -, aber aus Niederlagen habe ich eigentlich immer noch mehr gelernt als aus Siegen, und wenn ich Ihnen sage, dass mein Antritt als Ministerpräsident im dritten Anlauf neun Jahre gedauert hat, dann wird deutlich, dass die Bundesversammlung heute relativ kurz war.
Ich möchte hier – und nicht nur am Freitag – ausdrücklich meinem Amtsvorgänger, Bundespräsident Professor Horst Köhler, und seiner Gattin dafür danken, dass sie mit ihrem Auftreten und ihrer Sympathie die Herzen vieler, vieler Menschen gewonnen haben und mit ihrem Engagement für Familien und Kinder, ihrem Einsatz für Afrika und dem Aufruf zu Veränderung Maßstäbe gesetzt haben. Horst Köhler wollte Deutschland dienen, und ich bin davon überzeugt, er hat Deutschland gedient. Dafür möchte ich ihm und seiner so überaus erfolgreich engagierten Ehefrau auch an dieser Stelle, in dieser Bundesversammlung, herzlich Dank sagen.
Der schönste und größte Augenblick in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland war sicher die Wiedervereinigung unseres Vaterlandes. Ich freue mich, dass wir dies gemeinsam am 3. Oktober in Bremen bei Herrn Bürgermeister Böhrnsen werden feiern können. Es ist für mich besonders bewegend, dass ich im 20. Jahr der deutschen Einheit zum Bundespräsidenten gewählt wurde, weil ich nunmehr auch in dieser Position zur inneren Zusammenarbeit, zur inneren Einheit unseres Landes und zu einem noch besseren gegenseitigen Verständnis beitragen möchte. Denn das sollte uns als Bundesversammlung doch besonders bewegen, dass wir demokratisch, frei und wiedervereinigt sind und hier in Berlin tagen, wenige Meter von dort entfernt, wo die Mauer stand, die damals durch mutige Menschen zum Einsturz gebracht wurde. Das sollte uns auch am heutigen Tage bewusst sein.
Wir alle, meine sehr verehrten Damen und Herren, ob die Linke, die Sozialdemokraten, die Grünen, die Liberalen, die Christsozialen, die Christdemokraten, tragen gemeinsam Verantwortung für unser Land, für unser Gemeinwesen, für unsere Demokratie. Es ist unser Land; es ist uns anvertraut. Wir wollen es in einem mindestens so guten Zustand an kommende Generationen weitergeben, wie wir es vorgefunden haben. Wir haben eine gemeinsame Zukunft, die gerade in unseren Händen liegt. Wenn wir auf eine offene, eine vielfältige Landschaft in Deutschland blicken, wenn wir gemeinschaftliches Leben in Frieden, Freiheit und Wohlstand in einem vereinten Europa und einer globalisierten Welt gedeihen lassen wollen, dann brauchen wir alle Menschen in unserem Land, jede und jeden dort, wo sie oder er sich einbringen möchte. Parallelgesellschaften in unserem Land verhindern wir am ehesten dadurch, dass wir aufeinander zugehen und nicht aneinander vorbeileben. Da werde ich sicher einen besonderen Schwerpunkt am Freitag hier vor Ihnen erläutern dürfen.
Deutschland, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist ein wunderbares Land. Das weiß man nicht nur, wenn man von Auslandsreisen nach Deutschland zurückkehrt. Deutschland ist unsere Heimat. Deutschland hat eine Geschichte, die uns in besonderer Weise vielen gegenüber verpflichtet. Deutschland hat eine Zukunft, die uns aufgegeben ist. Gott schütze unser Land.
Vielen Dank.

Themenschwerpunkt: Grundgesetz

Hier finden Sie eine Übersicht mit Artikeln, die sich mit den Grundgesetz befassen:

Allgemein

Zu den einzelnen Artikeln

I. Die Grundrechte

II. Der Bund und die Länder

III. Der Bundestag

IV. Der Bundesrat

IVa. Gemeinsamer Ausschuss

V. Der Bundespräsident

VI. Die Bundesregierung

IX. Die Rechtsprechung

X. Das Finanzwesen

Xa. Verteidigungsfall

XI. Übergangs- und Schlussbestimmungen

Hintergrund

Liebes Politik-Tagebuch II: Der schwarz-rote Elefant steht im Raum

Liebes Tagebuch,

nachdem Jamaika gescheitert war, schient zunächst alles auf Neuwahlen oder eine Minderheitsregierung hinauszulaufen. Plötzlich steht aber der schwarz-rote Elefant im Raum, sprich eine Große Koalition.

Zunächst von Martin Schulz und eigentlich allen relevanten SPD Politikern ausgeschlossen, scheint gerade Bundespräsident Steinmeier sanften Druck in diese Richtung auszuüben. Und in der Folge sind auch schon die ersten Stimmen aus der SPD da, die fordern, man solle sich nicht verweigern.

Die Arschkarte hat die Partei so oder so gezogen: für die einen ist sie jetzt wegen ihres GroKo Nein die „Schmoll Partei Deutschlands“ (Andi Scheuer, CSU) für die anderen wird sie zum Umfaller, wenn sie entgegen aller vorherigen Aussagen jetzt doch wieder in die Regierung einsteigt.

Persönlich hielte ich eine GroKo für einen Fehler und gerade für die SPD für sehr gefährlich. Auf der anderen Seite wird auch deutlich, dass Neuwahlen für die SPD personell – wer soll Spitzenkandidat werden? – und auch finanziell eine sehr große Herausforderung wären. Und so könnte das Übernehmen von Regierungsverantwortung zumindest auf Zeit zunächst Luft für neue Planungen geben. Und auch der Union dürfte ein Zeitgewinn nicht ungelegen kommen.

Entscheidend dürfte aber heute das Gespräch zwischen Steinmeier und Schulz sein.

Und so will ich bis dahin nicht weiter spekulieren.

Nur noch folgendes: Ich habe auf twitter eine kleine Umfrage zum Thema gestartet. Über zahlreiche Teilnahme würde ich mich sehr freuen. Hier geht es lang.