Mehr Mut zum Fettnäpfchen

Dieser Beitrag ist aus dem Jahr 2012 – aber immer noch aktuell.

Wer heute morgen dem ein oder anderen „Social Media Berater“ auf facebook, twitter oder Google+ folgt, wird an dem Interview mit Klaus Eck über die deutsche Social Medie Angst in der Lead nicht vorbeigekommen sein. Es ist zwar schon ein paar Tage älter, macht aber erst jetzt die Welle – wahrscheinlich, weil Mirko Lange darauf aufmerksam gemacht hat.

Ecks Kernaussage ist, dass die meisten Deutschen sich aus Angst, missverstanden zu werden, anzuecken oder als Angeber zu gelten, sich erst gar nicht oder wenn nur sehr zurückhaltend auf Sozialen Netzwerken äußern.

Nun ist ja die neue Angst und Vorsicht der Deutschen in vielen Bereichen nichts neues – die „German Angst“ ist im angelsächsischen Raum schon sprichwörtlich. Und sicher kann es durchaus sinnvoll sein, sich auch einmal zurückzunehmen.

Doch ich finde: geschwiegen wurde und wird in diesem Land viel zu viel.

Selbst äußere ich mich oft sehr provokativ und offen im Internet. Und das kann auch jeder lesen – es gibt keine Einschränkungen. Wenn ich dabei Apple-Fanboys als „Scientologen“ bezeichne oder die Gäste von Wulffs Zapfenstreich aufliste, darf man dazu durchaus geteilter Meinung sein und auch gerne kontrovers mit mir diskutieren. Aber wenigstens wird dann diskutiert.

Gut, ich kann durchaus nachvollziehen, dass jemand, der noch Karriere machen will (ich habe das im klassischen Sinne aufgegeben) seine Meinung vorsichtiger formulieren wird und wohl auch sollte. Beherrschen Personaler die Kunst des Googlens doch inzwischen sehr gut. Doch muss sich eine Meinung ja nicht gleich bei so kontroversen Themen in so provozierender Form äußern.

Wünschenswert ist in Deutschland generell eine offene Debattenkultur, die nicht nur von den üblichen Verdächtigen in den Talkshows gelebt wird. Nein, notwendig ist eine offene und lebendige Diskussionskultur untereinander. Die sozialen Netzwerke und Blogs mit ihren Kommentarfunktionen bieten dafür eigentlich ein gutes Umfeld. Und wenn dabei am Anfang etwas schief geht oder man übers Ziel hinausschießt – man kann die Dinge immer noch klarstellen und sich im Zweifel auch entschuldigen.

In diesem Sinne: mehr Offenheit, mehr Diskussion, mehr Gelassenheit und mehr Mut zum Fettnäpfchen.

Bild: pixabay

 

Eine Antwort auf „Mehr Mut zum Fettnäpfchen“

  1. Wir sollten ueberhaupt sehr stark an unserer diskussions-kultur und -kompetenz (eigentlich sogar schon lese- und denk-kompetenz…) arbeiten… die bereitschaft dazu ist aber bei misverstaendlichen provokationen oft besonders wenig vorhanden. Rumgeschrien wird natuerlich trotzdem, und das kann schon ganz schoen nerven. Auch sehen viele leute nachgeschobene erklaerungen automatisch als ausreden an, und haben sich nach dem ersten satz schon ihre „meinung“ gebildet, von der sie priznipiell nicht mehr abweichen.
    Tendenziell stimme ich Dir aber zu (auch wenn ich finde dass Du es manchmal wirklich etwas uebertreibst ;-).
    Alles gute,
    rob

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